Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 99. Sitzung / Seite 136

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Erster Punkt: Sie haben kurz vor der Wahl gesagt, Herr Bundeskanzler, Abfangjäger würden nicht aus dem Budget finanziert, sondern über eine „Wirtschaftsplattform“. Das steht im Archiv. Was ist passiert? – Es wurde über das Budget finanziert.

Zweiter Punkt: Sie haben kurz vor der Wahl gesagt, es gebe keine Eingriffe in Pen­sionen, es gebe keine Pensionskürzungen. Was ist nach der Wahl passiert? – Es gab eine Pensionskürzungsreform in einem Ausmaß, wie es in dieser Republik noch nie der Fall war.

Dritter Punkt: Sie haben von einer Steuerreform gesprochen – auch das ist im Archiv nachzulesen –, die jedem Werktätigen in Österreich 1 000 € bringt. Was ist passiert? – Die Steuerreform, die Sie als Jahrhundertreform verkaufen, bringt im Schnitt 11 €. Die Wahrheit ist die Tochter der Zeit, das hat einmal der Präsident des Nationalrates gesagt. Das Archiv ist der Feind vor allem des Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel! (Beifall bei der SPÖ.)

Dass wir von Stillstand sprechen, kommt nicht von ungefähr. Das wird auch durch Ihr Schönreden nicht wegzuleugnen sein. Seien Sie mir nicht böse, Herr Bundeskanzler, aber Ihre Haltung erinnert mich schon sehr stark an die drei legendären japanischen Äffchen: nichts sehen, nichts hören, nichts reden. (Abg. Mag. Molterer: Jetzt haben Sie gerade gesagt, er hat zu lange gesprochen. Ich kenne mich nicht mehr aus!) Ihr Agieren, das Sie in den letzten Monaten an den Tag gelegt haben, ist frappant. Wenn man sich im Kasino befinden würde, könnte man sagen: rien ne va plus! – nichts geht mehr.

Es gibt von Seiten Ihrer Regierung keine Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit, es gibt keine Maßnahmen zur Verbesserung der Aus- und Weiterbildung, was vielleicht Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkt bringen könnte. Es gibt keine Maßnahmen zum Ausbau der Infrastruktur, was ebenfalls eine Entlastung auf dem Arbeitsmarkt zur Folge haben könnte. Es gibt keine Maßnahmen im Bildungsbereich. Es gibt keine effi­ziente Gesundheitsreform. Es gibt mit einem Wort: Stillstand.

In Anbetracht dessen stellen Sie sich hier her und sagen: Alles paletti?! Ich verstehe schon Ihr gerüttelt Maß an Realitätsverweigerung. Sie wollen nämlich damit über­decken, dass Sie nicht, wie Ihre Adlaten – allen voran Klubobmann Molterer – landauf, landab trommeln, der Anker der Stabilität sind. In der Tat, Sie sind nicht der Anker der Stabilität, sondern Sie sind der Auslöser einer veritablen Regierungskrise in Österreich. Ich werde Ihnen auch begründen, warum. (Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Sie haben – wider besseres Wissen – diese FPÖ noch einmal in die Regierung geholt. (Abg. Großruck: Gusenbauer hat den Generalsekretär, den er sich verdient!) Sie haben entgegen dem Willen breiter Bevölkerungskreise ein zweites Mal ein Experiment mit einer Partei gestartet, die nie regierungsfähig war. Sie haben einfach aus persön­lichem Machtkalkül gegen die Interessen Österreichs (Abg. Großruck: Gusenbauer hat den Generalsekretär, den er sich verdient!) und gegen eine mögliche gute Ent­wicklung unserer Heimat Österreich ein von vornherein zum Scheitern verurteiltes Projekt weitergeführt.

Sie werden damit nicht, wie Sie es gerne hätten, als Wendekanzler in die öster­reichi­sche Geschichte eingehen, sondern als Politiker, der wider besseres Wissen Öster­reich in die falsche Richtung geführt hat, unsozialer gemacht hat und eine Regie­rungs­konstellation künstlich am Leben erhalten hat, die flugs von „speed kills“ zu „nichts geht mehr“ getaumelt ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Sie müssen sich schon den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie in der Weise handelten, dass Sie jetzt sagen müssen: Die Geister, die ich rief, werde ich nicht mehr los! (Abg. Neudeck: Wie lange 5 Minuten sein können!) Das gilt im Übrigen


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