Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 83

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13.21.20

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­te Frau Bundesminister! Manchmal frage ich mich schon, worüber wir heute reden. Rasinger fängt hier heraußen mit gefalteten Händen zu beten an. – Er wird seine Gründe haben. Er spricht über Geister und Geisterbahnen. (Rufe bei der ÖVP: Fahrer! Geisterfahrer!)

Ich möchte Sie fragen: Worüber reden wir heute? – Wir reden ja letztlich über Potem­kinsche Dörfer. Wir reden über Geisterstädte. Hitchcock war als Regisseur inter­na­tional mindestens so bekannt wie Schüssel. Er hat einen Film gedreht, der mit Geistern zu tun hat, nämlich „Vertigo – aus dem Reich der Toten“. „Vertigo“ heißt übersetzt „Schwindel“. Nicht jener Schwindel, der mir jetzt vielleicht von Seiten des Präsidiums eine Rüge einbringt, sondern der Schwindel im Kopf, wo sich alles dreht. – Und bei Ihnen dreht sich ja alles. Wir reden über Geister, über eine Geisterregierung, die ich nicht mehr erkennen kann.

Frau Bundesministerin, ich glaube nicht, dass Sie all das wollen. Sie brauchen für Ihre Reform ein Budget. – Darüber sind wir uns einig. Sie brauchen aber auch Menschen, die diese Reform umsetzen. Diese Menschen müssen in den Landtagen, in den Lan­desregierungen, im Parlament und in der Bundesregierung vertreten sein. Ich kann hier aber keine Regierungskoalition mehr erkennen. Mit wem wollen Sie diese Reform machen?

Die FPÖ ist auf Landesebene mutiert. Alles hat sich gewandelt, alles schrumpft. Wie heißt Ihre neue Bewegung? BZÖ? „Z“ könnte – ich bleibe beim Medizinischen – auch für Zirrhose stehen. Zirrhose hat nicht nur mit Leber zu tun, sondern bedeutet medizi­nisch, dass etwas schrumpft. Also: „Bedeutendste Zirrhose Österreichs“. – Der größte Schrumpfprozess einer Regierungspartei.

Ich frage mich, ob es nicht langsam auch gesundheitspolitische Konsequenzen hat, wenn man sieht, wie ein Kanzler unbeirrbar an fixen Ideen hängt? Irgendwann be­kommt das einen Krankheitswert. (Abg. Scheibner: Vorsicht!) Das darf nicht sein. Man muss selbst reflektieren können. (Abg. Mag. Molterer: Was heißt das, Herr Kollege? Was wollen Sie damit sagen?) – Was ich damit sagen will: Dass man keine fixen Ideen so lange vor sich herträgt, bis sie im Grab landen! Die müssen irgendwie umsetzbar sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Mag. Molterer: Seien Sie vorsichtig! Ganz vorsichtig!)

Ein funktionierendes Gesundheitssystem, Herr Abgeordneter Molterer, muss auch in der Lage sein, die richtige Diagnose zu stellen. (Abg. Mag. Molterer: Das darf ja nicht wahr sein!) – Das darf sehr wohl wahr sein, Herr Klubobmann! Aber Sie von den Regie­rungsfraktionen sagen in Ihren Redebeiträgen, dass alles funktioniert, dass alles weitergeht, dass alles hält. – Das ist nicht wahr! Sie werden es noch sehen. Wenn man solche Wahrnehmungsstörungen hat, ist das für Österreich nicht gut, denn man muss Diagnosen präzise stellen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Neudeck: Wenn man solche Wahrnehmungsstörungen wie Sie hat, dann ist das nicht gut! Das können Sie analysieren!)

Irgendwann hört sich der Humor auf. Ich denke da noch mit Vergnügen an den ehe­maligen Bundeskanzler Busek. (Abg. Neudeck: Er war Vizekanzler!) Mit dem konnte man blödeln und lachen – bis zu gewissen Grenzen. Bei Ihnen kann man aber nicht mehr lachen!

Wenn ich daran denke, wie Lopatka heute in der Früh bei der Einwendungsdebatte frenetisch in die Hände geklatscht und gelacht hat, dann würde ich ihn gerne fragen, warum er das getan hat. – Hier liegt ja auch wieder eine Wahrnehmungsstörung vor!

 


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