Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 184

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Einem. – Bitte.

 


19.29.50

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Hohes Haus! Lassen Sie mich in Anbetracht der Kürze der mir zur Verfügung stehen­den Zeit ein paar Fragen stellen! Frau Bundesministerin, Sie werden ja in den nächsten Wochen und Monaten relativ intensiv in die Bemühungen einbezogen sein, die mittel­fristige Finanzvorschau für die EU allenfalls noch bis zum Juni 2005 zum Abschluss zu bringen.

Gestern und heute war ich beim Hearing des Europäischen Parlaments zu diesem Thema, das auch mein Bewusstsein dafür geschärft hat. Lassen Sie mich jetzt einfach Fragen stellen!

Punkt eins: Es drängt sich die Frage auf, ob für Sie, Frau Bundesministerin, die im Jahre 2003 erzielte Einigung über die Gemeinsame Agrarpolitik als solche bereits sakrosankt ist, denn immerhin frisst dieser Teil den bei weitem größten Teil des europäischen Budgets. Wenn der Beschluss – 1 Prozent des Bruttonationalein­kom­mens der Mitgliedstaaten – aufrechterhalten werden soll, dann heißt das, dass viele von jenen Politikfeldern, für die von den Staats- und Regierungschefs schon gestimmt wurde, nicht finanziert werden können. – Frage eins also: GAP.

Punkt zwei: Wie sehen Sie das mit dem Phasing-out für die Förderung jener Re­gionen, die aus statistischen Gründen aus der Förderbarkeit herausfallen? Ich weiß, dass Sie namens Österreichs da schon sehr deutlich Wünsche angemeldet haben. Der Punkt ist nur: Es kostet ja auch Geld, wenn die bisherigen Mitgliedstaaten hier noch Geld bekommen. Wie soll das dann mit den neuen funktionieren?

Punkt drei: In welcher Weise wird Österreich dafür eintreten, dass die TEN-Projekte von der Europäischen Union in angemessener Weise mitfinanziert werden können, wenn sie den Wunsch nach Obergrenzen beibehalten?

Punkt vier: Ich wüsste gerne, wie die Vorbeitrittshilfen künftig aussehen sollen. So, wie das heute vorgeschlagen ist, mit der Begrenzung auf 1 Prozent, wird es für die künftig beitretenden Länder im Bereich der Vorbeitrittshilfen echte Engpässe geben.

Punkt fünf: Wie stehen Sie zum Briten-Rabatt? Sind Sie der Meinung, man sollte diesen aufrechterhalten? Wenn nein, welche Strategie verfolgen Sie, um ihn zu über­winden? Oder meinen Sie, dass die 1 Prozent-Grenze ohnehin schon das ist, was es den Briten erlaubt, darauf zu verzichten?

Vorletzte Frage: Tritt Österreich für ein solidarisches Europa oder für ein Europa des kalten Wettbewerbes ein?

Lassen Sie mich nur kurz dazu illustrieren: Die Frage, die sich momentan stellt, ist, ob wir den neuen Mitgliedsländern mit wesentlich niedrigeren Lohnkosten und so weiter die Chance geben, mit dem, was ihr Vorteil ist, im Rest Europas zu Lasten der alten Mitgliedsländer wettbewerbsfähig zu sein, oder ob wir sagen, wir wollen von ihnen Solidarität, dafür aber in die Tasche greifen, um ihnen bei ihrer wirtschaftlichen Ent­wicklung zu helfen.

Ich wüsste gerne, für welches der beiden Modelle Sie sich entscheiden.

Letzte Frage: Volksabstimmung. – Kollege Scheibner hat vorhin die europäische Volksabstimmung intensiv beworben. Ich weiß nicht, ob ihm klar ist, dass das der Schritt von einem Verfassungsvertrag zu einer echten Verfassung ist. Dort geben wir die Staatensouveränität über die Gestaltung Europas auf. Ich bin dafür, und ich wüsste gerne, wofür Sie sind. Von den Freiheitlichen nehme ich an, wenn es so weit käme,


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite