Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 103. Sitzung / Seite 59

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Die weiters vorgeschlagene Abschaffung der Produktionserstattung für die Versorgung der chemischen und pharmazeutischen Industrie mit Quotenzucker wird sich ebenfalls negativ auf die Höhe der Zuckerquoten auswirken und einen Risikofaktor für die künf­tige Versorgung dieser Industrien mit Zucker darstellen.

Die Kommission begründet diesen radikalen Vorschlag vor allem mit den internationa­len Verpflichtungen der Europäischen Gemeinschaft. Als eines der Ergebnisse der ent­wicklungspolitischen Initiative „Alles außer Waffen“ hat sich die Union verpflichtet, den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt (LDC) ab Juli 2009 auch für Zucker freien Zutritt zum Markt der Gemeinschaft zu gewähren. Weiters verweist die Kommission auch auf das WTO-Zuckerpanel, das von Brasilien, Australien und Thailand beantragt wurde, sowie schließlich auf die Verhandlungen zur WTO-DOHA-Entwicklungsrunde als Anlass für die Reform.

Vor diesem Hintergrund ist die grundsätzliche Notwendigkeit einer gewissen Anpas­sung der bisherigen Zuckermarkordnung durchaus nachvollziehbar. Diese Reform muss unbedingt mit Augenmaß durchgeführt werden. Anpassungen der Preise sollten moderat und im angemessenen Verhältnis zu den internationalen Verpflichtungen sowie den Präferenzimporten vorgenommen werden. Die tatsächlich vorgeschlagenen  Preis- und Quotensenkungen des aktuellen Kommissionsvorschlags gehen zu weit und ohne Notwendigkeit über diese Anforderungen hinaus. Sie sind daher so nicht akzep­tabel.

Das gilt im Konkreten vor allem für den Hinweis der Kommission auf die DOHA-Ent­wicklungsrunde: Eine Reform des europäischen Zuckersektors sollte allfällige Ergeb­nisse dieser Verhandlungsrunde im Rahmen der WTO nicht vorwegnehmen. Vielmehr ist die Kommission gefordert, die Zukunft der europäischen Zuckerwirtschaft im WTO Kontext zu verteidigen.

Erfreulicherweise geht aus dem Bericht des Agrarausschusses des Europäischen Par­laments zum Kommissionsvorschlag zur Reform der Zuckermarktordnung hervor, dass zwar die Reform mit den Regeln der WTO vereinbar sein soll, gleichzeitig müssen aber

der Lebensstandard der Landwirte,

die Absicherung der ArbeitnehmerInnen,

das Gleichgewicht des Zuckermarktes,

sowie die Bewahrung der Produktion gesichert werden.

Des Weiteren stellte das Parlament in seinem Bericht folgende Forderungen bzw. Ablehnungen bezugnehmend auf Landwirte und ArbeitnehmerInnen fest:

eine vollständige Entschädigung der Landwirte sowie die soziale Absicherung der ArbeitnehmerInnen,

eine Untersuchung der sozioökonomischen Auswirkungen der Reform auf die Zucker­rübenerzeuger und auf die Beschäftigten in der Industrie,

Die Beobachtung der sozialen Auswirkungen der möglichen Schließung von Zucker­fabriken, um geeignete Maßnahmen zu ergreifen, falls Sozialpläne unzureichend sind.

Die europäische Zuckerwirtschaft muss eine längerfristige und berechenbare Perspek­tive bekommen. Um dies zu erreichen, ist es notwendig, dass nach dem Muster des Vorschlages der Kommission über die Quotierung der Balkanimporte auch für die LDC-Länder ein vergleichbarer Ansatz gewählt wird. Ein kontrollierter Marktzugang für die am wenigsten entwickelten Länder ist der längerfristig bessere Ansatz, als die vorge­schlagene massive Preissenkung. Die LDC-Länder fordern daher von sich aus eine Neureglung der EBA-Initiative und eine Beibehaltung der Quotenregelung mit einer


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