Die weiters vorgeschlagene Abschaffung
der Produktionserstattung für die Versorgung der chemischen und
pharmazeutischen Industrie mit Quotenzucker wird sich ebenfalls negativ auf die
Höhe der Zuckerquoten auswirken und einen Risikofaktor für die künftige Versorgung
dieser Industrien mit Zucker darstellen.
Die Kommission begründet diesen
radikalen Vorschlag vor allem mit den internationalen Verpflichtungen der
Europäischen Gemeinschaft. Als eines der Ergebnisse der entwicklungspolitischen
Initiative „Alles außer Waffen“ hat sich die Union verpflichtet, den am
wenigsten entwickelten Ländern der Welt (LDC) ab Juli 2009 auch für Zucker
freien Zutritt zum Markt der Gemeinschaft zu gewähren. Weiters verweist die
Kommission auch auf das WTO-Zuckerpanel, das von Brasilien, Australien und
Thailand beantragt wurde, sowie schließlich auf die Verhandlungen zur
WTO-DOHA-Entwicklungsrunde als Anlass für die Reform.
Vor diesem Hintergrund ist die
grundsätzliche Notwendigkeit einer gewissen Anpassung der bisherigen Zuckermarkordnung
durchaus nachvollziehbar. Diese Reform muss unbedingt mit Augenmaß durchgeführt
werden. Anpassungen der Preise sollten moderat und im angemessenen Verhältnis
zu den internationalen Verpflichtungen sowie den Präferenzimporten vorgenommen
werden. Die tatsächlich vorgeschlagenen
Preis- und Quotensenkungen des aktuellen Kommissionsvorschlags gehen zu
weit und ohne Notwendigkeit über diese Anforderungen hinaus. Sie sind daher so
nicht akzeptabel.
Das gilt im Konkreten vor allem für den
Hinweis der Kommission auf die DOHA-Entwicklungsrunde: Eine Reform des
europäischen Zuckersektors sollte allfällige Ergebnisse dieser
Verhandlungsrunde im Rahmen der WTO nicht vorwegnehmen. Vielmehr ist die
Kommission gefordert, die Zukunft der europäischen Zuckerwirtschaft im WTO
Kontext zu verteidigen.
Erfreulicherweise geht aus dem Bericht
des Agrarausschusses des Europäischen Parlaments zum Kommissionsvorschlag zur
Reform der Zuckermarktordnung hervor, dass zwar die Reform mit den Regeln der
WTO vereinbar sein soll, gleichzeitig müssen aber
der Lebensstandard der Landwirte,
die Absicherung der ArbeitnehmerInnen,
das Gleichgewicht des Zuckermarktes,
sowie die Bewahrung der Produktion
gesichert werden.
Des Weiteren stellte das Parlament in
seinem Bericht folgende Forderungen bzw. Ablehnungen bezugnehmend auf Landwirte
und ArbeitnehmerInnen fest:
eine vollständige Entschädigung der
Landwirte sowie die soziale Absicherung der ArbeitnehmerInnen,
eine Untersuchung der sozioökonomischen
Auswirkungen der Reform auf die Zuckerrübenerzeuger und auf die Beschäftigten
in der Industrie,
Die Beobachtung der sozialen
Auswirkungen der möglichen Schließung von Zuckerfabriken, um geeignete
Maßnahmen zu ergreifen, falls Sozialpläne unzureichend sind.
Die europäische Zuckerwirtschaft muss eine längerfristige und berechenbare Perspektive bekommen. Um dies zu erreichen, ist es notwendig, dass nach dem Muster des Vorschlages der Kommission über die Quotierung der Balkanimporte auch für die LDC-Länder ein vergleichbarer Ansatz gewählt wird. Ein kontrollierter Marktzugang für die am wenigsten entwickelten Länder ist der längerfristig bessere Ansatz, als die vorgeschlagene massive Preissenkung. Die LDC-Länder fordern daher von sich aus eine Neureglung der EBA-Initiative und eine Beibehaltung der Quotenregelung mit einer