Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 103. Sitzung / Seite 174

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Im konkreten Bereich Gewaltschutz – und da poche ich darauf, dass das von Ihrer Seite immer wieder als wichtig dargestellt wird – betonen Sie, dass mit dem Gewalt­schutzgesetz große Fortschritte erreicht wurden. Da stimme ich völlig zu. Bei der Anwendung des Gewaltschutzgesetzes stellen wir jedoch fest, dass in den urbanen Räumen sehr viel öfter eine Wegweisung von gewalttätig gewordenen Familienange­hörigen, im Regelfall Männer, vorgenommen wird als im ländlichen Bereich, wo offen­sichtlich die Bekanntschaften – von welchem sozialen Begegnungsforum, Fußballver­ein, Blasmusik, Stammtisch, was auch immer – so eng sind, dass sich der Gendarm, Polizist, sehr viel schwerer tut, den bekannten Ehemann des Hauses zu verweisen.

Ich glaube, dass es hier darum ginge, Ihrer Beamtenschaft eine Nachschulung ange­deihen zu lassen, damit sich die Beamten der Tragweite dessen klar sind, worum es dabei geht. Das wäre ein ganz konkreter Vorschlag, den Sie aufgreifen könnten.

Der letzte Themenbereich, auf den ich eingehen möchte, weil dies das erste wirklich große Gesetzeswerk ist, das Sie vorlegen und wo ich mir gerade von einer Ministerin ein gewisses Verständnis für die Lage von Frauen erhofft hätte, ist das Asylwesen, wozu Sie jetzt eine Gesetzesnovelle vorlegen.

Minister Strasser hat sich beim Thema geschlechtsspezifische Verfolgung von Frauen völlig taub gestellt. Dass es politische Verfolgung von Frauen gibt, das ist schon schwer genug verständlich zu machen, weil man immer glaubt, nur die Männer seien in den verschiedensten Staaten politisch aktiv und würden daher verfolgt. Es fällt offen­sichtlich schwer, zu glauben, dass Frauen auch politisch aktiv sind und verfolgt werden können.

Aber es gibt darüber hinaus eine ganze Reihe an Tatbeständen, die international als geschlechtsspezifische Verfolgung anerkannt sind. Das sind in den krassesten Aus­formungen: Witwenverbrennung, Genitalverstümmelungen, serienweise Vergewalti­gungen. In den weniger krassen Ausformungen: klare Beschneidung der BürgerInnen­rechte für Frauen, wie wir das aus manchen fundamentalistisch regierten Ländern kennen, zum Beispiel durch die Verschleierungspflichten und so weiter.

Das ist etwas, was offensichtlich in der österreichischen Asylpolitik im Recht und in der Umsetzung nicht vorkommt, keinen Platz hat und das auch Sie jetzt in dieser Novel­lierung wieder völlig schuldig bleiben.

Ich gehe jetzt gar nicht auf die vielen Defizite ein, die Sie mit dieser Asylnovelle wieder schaffen oder nicht beseitigen, ich gehe auch gar nicht darauf ein, wo in der Praxis die Probleme liegen, sondern ich fordere Sie schlicht und ergreifend auf, geschlechtsspe­zifische Verfolgung im Asylwesen in Ihrem Haus im Gesetz oder in einer zuständigen Richtlinie zu verankern, damit Frauen endlich auch in diesem Zusammenhang ihr Recht auf Asyl einfordern können und Asyl bekommen können.

Dann sollten solche Selbstverständlichkeiten natürlich auch in der Umsetzung mit dabei sein, wie zum Beispiel, dass Frauen automatisch von Frauen einvernommen werden. Sie müssen mir einmal klarmachen, wie eine Frau, die zum Beispiel Opfer von Genitalverstümmelung geworden ist oder der das droht, in einer Ersteinvernahme, wo sie alles zur Geltung bringen muss, was sie jemals als Asylgrund angeben will, nach­dem sie gerade den Fingerabdruck abgegeben hat, einem behördeten Mann, womög­lich unter bewaffnetem Schutz, über derart intime körperliche Prozesse etwas erzählen soll. Macht sie es aber nicht, hat sie ihre Chance auf Asyl verwirkt.

Das war ein Beispiel von vielen, die ich bringen könnte. Ich sage Ihnen nur eines, weil ich es inzwischen müde bin, von Seiten der Regierungsvertreter immer wieder zu hören, wie wichtig ihnen das doch sowieso wäre und dass man all diese Fälle mit dem humanitären Passus regeln könne: In Österreich haben in den letzten Jahren genau


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