Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 35

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10.26.07

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Frau Ministerin, was Sie heute hier in diesem Haus zum Behindertengleichstellungsgesetz ausgeführt haben, ist wirklich der Gipfel. Sie haben wortwörtlich gesagt, das Behindertengleich­stellungs­gesetz, die Regierungsvorlage sei mit dem größten Behindertenverband in Österreich akkordiert. (Staatssekretär Dolinschek: Mit der ÖAR!) Mit der ÖAR.

Eine solche Falschmeldung beziehungsweise Wahrnehmungsstörung, wie Sie sie heute hier gehabt haben, ist wirklich der Höhepunkt! Haben Sie schon das Titelblatt der ÖAR zum Behindertengleichstellungsgesetz gesehen? – Es ist da der Manneken-Pis zu sehen, und darunter steht: Alles andere als ein großer Wurf. Ein Gesetz lässt viele Forderungen offen. Es braucht „grünen Daumen“. Insgesamt alles andere als ein großer Wurf. Einwände der Betroffenen ignoriert. Ein gerupftes Huhn. Kläglicher Rest. Nur ein tönernes Fundament. – Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Stellungnahme der österreichischen Behindertenbewegung und ihres Dachverbandes, und bezüglich Akkordierung, Frau Ministerin, fehlt es noch weit! Da fehlt es noch weit! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Ministerin, ich schenke Ihnen diese Zeitung. (Die Rednerin überreicht Bundes­ministerin Haubner die erwähnte Broschüre.) Sie werden sie wahrscheinlich ohnehin in Ihrer Post haben, aber lesen Sie sich durch, was da noch alles fehlt! Erst dann, wenn das alles im Gesetz drinnen ist, können wir wirklich von einem Behinderten­gleich­stellungsgesetz reden. Was Sie uns vorgelegt haben, ist nichts anderes, als dass Sie Ihrem persönlichen Ego Genüge tun, aber es bringt den behinderten Menschen in Österreich nichts. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es bringt den behinderten Menschen in Österreich deshalb nichts, Frau Ministerin, weil das, was Sie uns vorgelegt haben, nur ein Skelett ist. Dieses Skelett braucht noch Fleisch und Unterfütterung, damit es wirklich zum Leben erweckt werden kann. Da, Frau Ministerin, haben wir aber noch sehr viel zu tun. Sie, Frau Ministerin, sind gefordert, uns ein Behindertengleichstellungsgesetz vorzulegen, das diesen Namen auch verdient, aber nicht dieses „gerupfte Huhn“, bezüglich dessen der Herr Küberl von der Caritas sagt: Gebt ihm Federn, damit ihm endlich nicht mehr kalt ist! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Ministerin, Sie haben voriges Jahr gesagt, es werde in Österreich auch im Jahr 2006 eine Pflegegeldvalorisierung geben. Im Budget des Vorjahres steht es ganz genau drinnen. Was ist denn 2006? – Es gibt keine Valorisierung!

Frau Ministerin! Wenn Sie sich rühmen, dass Sie jetzt in sechs Jahren das Pflegegeld in Summe um 2 Prozent erhöht haben, muss ich Ihnen sagen: Da gibt es nichts zu rühmen (Abg. Dr. Partik-Pablé: 13 Millionen €!), denn das ist weder die Abdeckung der Inflationsrate noch ein kleiner Unkostenbeitrag. Frau Ministerin, da haben Sie kläglich versagt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie haben auch gesagt: Wir müssen noch weiter regieren, wir brauchen in Österreich noch die Gebärdensprache. – Ja, Frau Ministerin, wir brauchen die Anerkennung der Gebärdensprache. Aber wo steht sie denn drinnen im Behindertengleich­stellungs­ge­setz? – Nirgends! Nirgends! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie wissen genau, dass sie in der Verfassung verankert wird!) Natürlich, Frau Partik-Pablé, können wir es in die Ver­fassung schreiben, aber darum können sich gehörlose Menschen nichts kaufen. Nur dann, wenn es im Behindertengleichstellungsgesetz abgesichert ist, kann man daraus auch Rechte ableiten, aber nicht, wenn es nur in der Verfassung steht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wenn es in der Verfassung vorkommt, kann man auch Rechte ableiten! Das ist doch Unsinn, was Sie sagen!)

 


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