Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 9

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Politisch befindet sich Schüssel nun in der Abhängigkeit einer Vereinigung, die sich niemals einer Wahl gestellt hat und deren neuer Chef Jörg Haider den Bundeskanzler noch vor wenigen Wochen als „falschen Kuckuck“ bezeichnete, der nicht mehr in seinen Porsche einsteigen dürfe – es sei denn er baue vorher einen Schleudersitz ein. Was Schüssel nicht hindert, das BZÖ und Haider als verlässliche Partner für eine konstruktive Regierungsarbeit anzupreisen, anstatt sich nach seinem abermaligen Scheitern dem Urteil der Bevölkerung zu stellen.

Selbst bei den Garantieerklärungen für die Umsetzung des Regierungsabkommens und die reibungslose Umsetzung der EU-Präsidentschaft, die Bundeskanzler Schüssel und die ÖVP von den FPÖ/BZÖ-Abgeordneten ultimativ und verpflichtend verlangten, scheint es sich zu „spießen“. Bundeskanzler Schüssel erklärte in der ZIB 1 am 7. April: „Wir wollen haben dass die Regierungsübereinkunft außer Streit steht, dass das auch wirklich durch Unterschrift bekräftigt wird. Das ist erfolgt.“ Demgegenüber musste Her­bert Scheibner gestern eingestehen, dass er über keine derartige Unterschriftenliste verfügt. Offenbar sind nicht alle FPÖ/BZÖ-Abgeordneten bereit eine derartige unver­bindliche Erklärung zu unterschreiben.

Die ÖVP-BZÖ Regierung ist aber nicht nur aus politischen Gründen alles andere als stabil. Die durch die Gründung des BZÖ erfolgte Spaltung der FPÖ führt zu einer Reihe weiterer, vor allem rechtlicher Probleme, die massive negative Auswirkungen auf die Handlungsfähigkeit dieser Regierung haben und haben werden.

So gibt es eine Reihe von gesetzlichen Bestimmungen für die Einrichtung von Beiräten und Kommissionen, die die Bundesregierung beraten. Diese haben wichtige und oft hoch sensible Aufgaben wahrzunehmen, wie beispielsweise der Nationale Sicherheits­rat, der Datenschutzrat oder die Volksgruppenbeiräte. Die Zusammensetzung dieser Einrichtungen ist unterschiedlich geregelt, stellt aber zumeist auf ein Entsendungsrecht von Parteien, üblicherweise nach ihrem Stärkeverhältnis, ab. Nachdem nun bereits viele bisherigen FPÖ-Mandatare aus der FPÖ aus- und in das BZÖ eingetreten sind, stellt sich die Frage, wie viele Parteien nun im Nationalrat vertreten sind bzw. wie ihr Stärkeverhältnis zueinander nun zu bewerten ist.

Völlig unklar ist auch die Frage der Parteienfinanzierung für BZÖ und FPÖ. Sowohl das Parteiengesetz, als auch das Publizistikgesetz zur Förderung der politischen Bildung stellen bei der Förderung von Parteien bzw. politischer Akademien auf die Vertretung der politischen Parteien im Nationalrat ab. So heißt es in § 2 Abs. 2 lit. a Parteienge­setz, dass den Grundbetrag in Höhe von 218.019 Euro jährlich „jede im Nationalrat ver­tretene politische Partei, die über mindestens fünf Abgeordnete (Klubstärke) verfügt,“ erhält. Der Zusatzbetrag ist „auf die im Nationalrat vertretenen politischen Parteien im Verhältnis der für sie bei der letzten Nationalratswahl abgegebenen Stimmen“ zu verteilen.

In ähnlicher Weise lautet § 1 Abs. 1 Z 3 Parteiengesetz, dass der Rechtsträger einer politischen Akademie „von einer mit mindestens fünf Abgeordneten (Klubstärke) im Nationalrat vertretenen politischen Partei“ als der von ihr bestimmte Förderungswerber bezeichnet werden muss.

Im Falle der Gründung des Liberalen Forums hat das Bundeskanzleramt seinerzeit die Rechtsauffassung vertreten, dass diese politische Partei, die nicht für den Nationalrat kandidiert hat, sondern sich aus Abgeordneten einer anderen Partei gebildet hat, keinen Anspruch auf Parteien- und Parteiakademiefinanzierung hat. Begründet wurde dies damit, dass aus den gesetzlichen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang ein­deutig hervorgehe, dass nur solche politische Parteien Anspruch auf Finanzierung hätten, die auf Grund einer Kandidatur zum Nationalrat nach der Nationalratswahl im Nationalrat mit zumindest fünf Abgeordneten vertreten sind.

 


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