Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 29

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Aber man kann durchaus legitimerweise die Frage stellen: Warum sind Kollege Van der Bellen und Kollege Gusenbauer für Neuwahlen? Die Frage ist schon etwas legi­timer, würde ich meinen. Und wenn Gusenbauer und Van der Bellen damit erreichen wollen, dass es in Österreich eine rot-grüne Regierung gibt, dann ist das durchaus ihr möglicher Wunsch (Abg. Dr. Van der Bellen: Diese Leier wieder! Diese Leier glauben Sie selber nicht!), aber ich sage Ihnen, das ist mit Sicherheit nicht der Wunsch der Österreicherinnen und Österreicher. Die lehnen diese rot-grüne Strategie nämlich ab. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber, Herr Kollege Van der Bellen, wissen Sie, was Ihnen zu denken geben sollte? (Abg. Dr. Van der Bellen: Mir gibt vieles zu denken!) Sie befinden sich ja nicht nur mit dem Kollegen Gusenbauer im Konzert jener, die Neuwahlen verlangen. Gibt es Ihnen denn nicht zu denken, dass Gusenbauer, Van der Bellen und Mölzer Neuwahlen ver­langen? (Allgemeine Heiterkeit.) Das ist ja eine ganz überraschende Kombination, die sich da politisch ergibt. Herr Van der Bellen, fühlen Sie sich da wohl? Ich nehme doch an, dass Sie sich da nicht wohl fühlen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Nichts fällt Ihnen ein! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich nehme da tatsächlich lieber Herrn Landeshauptmann-Stellvertreter Ambrozy als Zeugen, der heute ausgesendet hat, dass er Neuwahlen nicht für richtig und nicht für notwendig hält.

Übrigens, Herr Kollege Gusenbauer, ich möchte Sie nur daran erinnern, es war am 5. April, also genau vor einer Woche, als Sie gesagt haben: Solange die parlamenta­rische Mehrheit der Regierung gesichert ist, kann sie ihre Arbeit fortsetzen. – Die parla­mentarische Mehrheit ist gesichert. Warum haben Sie innerhalb weniger Tag schon wieder Ihre Meinung geändert? Damit Sie Ihrer Linie, nämlich zickzack, treu bleiben? (Beifall des Abg. Dr. Fasslabend.)

Im Gegensatz dazu sagt der SPÖ-Parteivorsitzende in Kärnten: Dies, nämlich Neu­wahlen, wolle man nicht, solang die Umsetzung des vereinbarten Regierungsprogram­mes gewährleistet ist.

Herr Kollege Gusenbauer, ich gebe Ambrozy Recht. Ist nicht dieses zweierlei Maß, das Sie anwenden, darin begründet, dass Ambrozy und Haider in Kärnten eine Koalition haben? Ich weiß, dass Ihnen das sehr unangenehm ist. Ambrozy selbst spricht in Kärnten von der Koalition zwischen den Freiheitlichen und der SPÖ. – Ich kann Ihnen nur sagen: Das Messen mit zweierlei Maß ist nicht mein Maßstab. Mein Maßstab sind klare Verhältnisse für Österreich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber es ist schon richtig – die Bürgerinnen und Bürger verspüren das ja –: Die poli­tische Landschaft in Österreich ist tatsächlich etwas in Bewegung geraten. Gerade gestern war eine weitere, sehr interessante Entwicklung in Wien festzustellen, dass nämlich der grüne Landtagsabgeordnete Kenesei aus dem Landtagsklub der Grünen aus- und in den Landtagsklub der Österreichischen Volkspartei übergetreten ist, meine Damen und Herren. Das ist hochinteressant. (Beifall sowie Oh-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Van der Bellen, gibt Ihnen das nicht zu denken, wenn Kenesei, der Land­tagsabgeordnete Kenesei – ein wirklich guter Mann –, sagt, dass der Grund, warum er übergetreten ist, der Linksruck der Wiener Grünen sei? Und: Das sei ein Verrat an seinen Idealen.

Wissen Sie, was mich sehr, sehr nachdenklich stimmt? – Sie sollte das im Übrigen auch nachdenklich stimmen. – Er sagt: „Nur in Nordkorea und bei den Grünen ist es üblich, über jemand abzustimmen, ohne ihn zur Verteidigung zu Wort kommen zu las-


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