Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 53

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Herr Bundeskanzler, Sie haben das Parlament zum wiederholten Mal falsch informiert, wie zum Beispiel, als Sie hier behaupteten, der Eurofighterkauf könne über Gegen­geschäfte finanziert werden. Sie haben weiters behauptet, und zwar vor der Wahl, eine „Wirtschaftsplattform“ aufzustellen. Doch eine solche gibt es bis zum heutigen Tag nicht.

Das Gleiche ist beim Problem Arbeitslosigkeit der Fall. Auch diesbezüglich kann ich nur eines sagen: Hochmut kommt vor dem Fall!

Wenn Herr Kollege Scheuch davon spricht, dass er Lösungsansätze hat, dann kann ich ihm nur Folgendes sagen: Ja, das glaube ich ihm sogar! Es gibt Auflösungsansätze in der FPÖ/BZÖ-Partie. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Klubobmann Molterer hat sich jetzt ebenfalls der Diskussion entzogen. Ich hätte ihm heute schon gerne gesagt, dass wir seine Argumentation nicht zur Kenntnis nehmen. Er hat in der letzten Parlamentssitzung von politischem Anstand gesprochen. Jetzt werde ich meine Interpretation von politischem Anstand, was seine Vorgangs­weise betrifft, zur Kenntnis bringen.

Herr Bundeskanzler! Wissen Sie, wo Sie am 24. April 1989 waren und wo Herr Kollege Molterer am 29. November 1994 war? – Ich kann es Ihnen sagen: Sie wurden als Minister einer rot-schwarzen Regierung angelobt! Und Sie beide haben in der Zeit Ihrer Regierungstätigkeit 23 Milliarden € ausgegeben. Ich betone: 23 Milliarden €! Das sind über 316 Milliarden Schilling. Und Sie wollen einer Partei allein die Schulden zuschrei­ben?!

Herr Bundeskanzler! Wenn Sie ein bisschen politischen Anstand haben, dann nehmen Sie – und auch Ihr Kollege Molterer – die Verantwortung für die Politik der Jahre zwi­schen 1989 und 1999 genauso wahr, wie Sie die Politik der Jahre zwischen 2000 und 2004 verantworten müssen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundes­kanzler Dr. Schüssel.)

Es kann natürlich auch sein – Ihre Zwischenrufe da hinten zeigen es mir –, dass Sie mit vorgehaltener Pistole vom SPÖ-Finanzminister gezwungen worden sind, dieses Geld auszugeben. Das wäre auch eine Möglichkeit!

Politischer Anstand, die Zweite: Es gab noch nie in der Geschichte der Zweiten Repub­lik eine derartige Stimmung für Neuwahlen wie zum jetzigen Zeitpunkt. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Mag. Regler: Aber wo!) Das gab es noch nie!

Schauen Sie sich heute am Abend den „Report“ an! Hochgerechnet: 64 Prozent für Neuwahlen, 36 Prozent dagegen. 64 zu 36! Leichter, PISA-studienmäßig gerechnet: Von drei Österreichern sind bereits zwei für Neuwahlen. (Abg. Dr. Lopatka: In der Löwelstraße!) Das, bitte, in einem Land, wo die Neuwahlstimmung traditionell ziemlich niedrig ist! Und Sie wollen das hier in dieser Diskussion mit Zeichnen, mit Zwischen­rufen und mit Lächeln wegwischen?!

Die Österreicherinnen und Österreicher glauben Ihnen längst nicht mehr, sie machen den Weg frei für Neuwahlen, sie sind bereit, die Karten in Österreich neu zu mischen. Nur: Sie, mit Ihrer Sesselkleber-Koalition, sind es nicht!

Ich sage Ihnen ganz offen: Es ist auch ganz logisch, warum das so ist! Egal, wo man hinkommt, ob man in Bregenz mit den Leuten diskutiert – übrigens: Sie haben, nehme ich an, das Ergebnis der letzten Gemeinderatswahlen in Bregenz noch im Kopf (Abg. Dr. Fasslabend: In ganz Vorarlberg!) – oder ob man in Neusiedl am Neusiedler See mit den Leuten diskutiert, überall kommt die gleiche Frage, und zwar von Ihren Partei­gängern, nämlich die Frage: Wie kann es sein, dass eine Partei in der Regierung Verantwortung trägt, die den demokratisch legitimierten Auftrag nicht hat?

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite