Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 35

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gehen wir auch auf die Punkte ein, in denen der Rechnungshof Ihnen eindeutig wider­spricht: Mussforderungen nicht erfüllt, leichtfertig auf Forderungen verzichtet, leicht­fertig auf Garantien verzichtet. Die Republik verpflichtet sich, die Produktion selbst vorzufinanzieren. Sagen Sie das irgendeinem Unternehmen dieser Welt, dass die Republik Produktionen, die sie überteuert einkauft, dann auch noch vorfinanziert, Zins­geschenke macht, auf Ausrüstungsteile verzichtet!

Ja, in wessen Interesse ist hier eigentlich verhandelt worden?! Und da geht es um den Finanzminister. Ich hatte ab einem gewissen Punkt immer öfter den Eindruck, dass der Finanzminister – weniger der Verteidigungsminister, insbesondere der Finanzminister – nicht im Interesse der Republik, sondern im Interesse der Anbieter und der Firmen gegen die Republik verhandelt hat. (Ruf bei der SPÖ: Richtig!) Und das ist jetzt auch das Ergebnis! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das Ergebnis ist eine nicht nur sicherheitspolitisch schwer verständliche Fehlinvestition von mindes­tens 2 Milliarden € – die größte Fehlinvestition der Zweiten Republik.

Jetzt komme ich einmal am heutigen Tag zu Zahlen. Klubobmann Scheibner hat einen vernünftigen Einwand gemacht: Man könne nicht auf 30 Jahre etwas zusammen­rechnen und so darstellen, als wäre das alles heute auszugeben und zu finanzieren. – Sinnvollerweise müssen wir einen Zeitraum von zehn Jahren betrachten, weil in diesen zehn Jahren einerseits die kompletten Investitionszahlungen für den Eurofighter zu leisten sind und zweitens die kompletten Zahlungen für die Bundesheerreform zu leis­ten sind. Wenn Sie das zusammenzählen, dann kommen Sie zu folgendem Schluss: Sie haben sich als Bundesregierung verpflichtet, zusätzlich zum Verteidigungsbudget in den nächsten zehn Jahren 5,5 Milliarden € für militärische Landesverteidigung aus­zugeben. (Abg. Scheibner: Schön wäre es, wenn es so wäre!) Das ist jedes Jahr in diesen zehn Jahren eine Steigerung des Verteidigungsbudgets um exakt 30 Prozent. Null Steigerung bei Bildung, null Steigerung bei Forschung (Abg. Dr. Brinek: Das ist nicht wahr! Das ist falsch! Das stimmt doch nicht!), null Steigerung bei sozialer Sicher­heit, null Steigerung beim Wohnbau, null Steigerung überall dort, wo es von Umwelt bis Forschung um unsere Zukunft geht – aber 30 Prozent zusätzlich für die militärische Landesverteidigung! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das, meine Damen und Herren, werden Sie der österreichischen Bevölkerung erst ein­mal erklären müssen!

Mit diesen 5,5 Milliarden zusätzlich in zehn Jahren – das sind mehr als 500 Millionen pro Jahr – könnten Sie die Ausgaben für Universitäten um 27 Prozent steigern, die Ausgaben für das Kapitel Umwelt, Herr Klubobmann Molterer, um 103 Prozent steigern und die Ausgaben für Kunst um 240 Prozent steigern. (Abg. Scheibner: Und das alles gleichzeitig?!) Über solche Summen reden Sie, aber Sie entscheiden sich gegen Um­welt, Sie entscheiden sich gegen Universitäten, Sie entscheiden sich gegen Kunst, und Sie entscheiden sich für militärische Verschwendung in einem Ausmaß, dass sich sogar die Spitzen des österreichischen Generalstabs wundern.

Warum sie sich wundern, hat einen einfachen Grund: weil nicht nur die Spitzen des Verteidigungsministeriums, sondern auch Sie, meine Damen und Herren hier im Hohen Haus, wissen, dass eine 30-prozentige Erhöhung des Verteidigungsbudgets denk­unmöglich ist. Niemand kann das politisch durchsetzen. Niemand kann das politisch vertreten. Also wird es letzten Endes heißen: Eurofighter oder Bundesheerreform. Und das weiß der Verteidigungsminister! An diesem Punkt sind wir jetzt.

Heute können Sie noch aussteigen aus der Eurofighter-Beschaffung. Das kostet laut der Vertragsbestimmung, die der Rechnungshof zitiert, 20 Millionen €. Ab dem nächs­ten Jahr wird produziert. Wenn wir warten bis Ende 2006/Anfang 2007, dann kostet der Ausstieg etwa 1,5 Milliarden €. (Abg. Großruck: Es will eh niemand aussteigen! –


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