Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 63

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Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner/der Erstrednerin zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten eingeräumt wird. Stellung­nahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder von zum Wort gemeldeten Staats­sekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Ich erteile es ihr hiemit. Frau Abgeordnete: 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.41.35

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind noch einige Kollegen, eigentlich ganz viele hier, die 1999 dabei waren, als der österreichische Nationalrat mit ganz großer Mehrheit – damals waren es vier Parteien, nämlich die Sozialdemokratische Partei, die ÖVP, das Liberale Forum und die Grünen – einen ganz wichtigen Entschließungsantrag hier im Plenum des Nationalrates beschlossen hat, einen Antrag, der aus dem Justizausschuss gekommen ist und der damals eine Initiative der Wehrsprecher, eigentlich ursprünglich der Friedenssprecher war, wo es darum ging, einen Bereich der österreichischen Ver­gangenheit wissenschaftlich aufzuarbeiten und daraus dann auch politische Schlüsse zu ziehen.

Dieser Entschließungsantrag wurde 1999 – wohlgemerkt! – von vier Parteien beschlos­sen; die fünfte Partei, die Freiheitliche Partei, hat sich damals schon dieser Diskussion verweigert oder hat sie in eine andere Richtung geführt. Dieser Beschluss 1999 – und ich erinnere mich noch sehr gut daran: das war im letzten Plenum vor Auflösung des Nationalrates 1999, denn dann waren Wahlen – hat eine Geschichte, die ich in den zehn Minuten, die mir jetzt zur Verfügung stehen, gar nicht erzählen kann. Aber ich möchte Ihnen sozusagen in Schlaglichtern kurz die einzelnen Schritte präsentieren.

Nach diesem fast einstimmigen beziehungsweise mit großer Mehrheit gefassten Be­schluss über diesen Entschließungsantrag hat das österreichische Wissenschaftsmi­nisterium einen Forschungsauftrag an eine ForscherInnengruppe vergeben, die sich mit den Umständen rund um die nicht erfolgten Akte der Aufarbeitung der Urteile der NS-Militärgerichte zu beschäftigen hatte. Es sind bei dieser Forschungsarbeit Tat­sachen herausgekommen – und es tut mir Leid, dass ich diese Unterlagen jetzt nicht mithabe –, die einen Wälzer ergeben haben, der etwa so dick ist, wie ich es jetzt hier zeige. (Die Rednerin zeigt mit Daumen und Zeigefinger eine Stärke von zirka 7 cm an) Ich übertreibe nicht, dieser Wälzer hat weit mehr als 1 000 Seiten umfasst.

Die Ergebnisse dieser Forschungsarbeit wurden im Rahmen eines Symposiums im österreichischen Nationalrat im Juni 2003 der Öffentlichkeit präsentiert. Zu diesem Symposium hat der Herr Präsident des Nationalrates Dr. Khol eingeladen, und einige KollegInnen Abgeordnete waren bei diesem Symposium auch anwesend, unter ande­rem auch Frau Dr. Fekter, ihres Zeichens – damals schon und jetzt immer noch – Jus­tizsprecherin der ÖVP und Vorsitzende des Justizausschusses. Ich glaube, auch sie, die sie sich ebenfalls zu Wort gemeldet hat, wird bestätigen, dass diese Erkenntnisse, die bei diesem Symposium präsentiert wurden, und die Rede, die Präsident Khol dort gehalten hat, alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer – zumindest aber mich – sehr be­eindruckt haben. Nicht wir waren dort die HauptteilnehmerInnen, sondern es waren dies Deserteure, und zwar waren es genau jene Opfer der NS-Zeit, in diesem Fall Opfer der NS-Militärjustiz, denen die angemessene Antwort auf ihr Schicksal die Re­publik – und das ist der Konnex zum heutigen Geburtstag der Zweiten Republik – bis zu diesem Zeitpunkt verweigert hat und bis heute verweigert.

Die angemessene Antwort, nämlich dass diesen Wehrmachtsdeserteuren – und Wehr­machtsdeserteure sind nur eine Gruppe der Opfer der NS-Militärjustiz –Rehabilitierung


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