Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 45

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Sie ist eine erfolgreiche Antwort, weil sie in jenem Teil Europas, der zur Europäischen Union gehört oder früher zur EG gehört hat, dazu geführt hat, dass es Frieden und Sicherheit gegeben hat. Wir haben in den letzten 15 Jahren erlebt, dass es in Teilen Europas, die nicht Teil des europäischen Einigungswerkes waren, nicht Frieden und nicht Sicherheit gegeben hat, sondern ganz im Gegenteil Krieg, Verfolgung, Genozide und unglaubliche Menschenrechtsverletzungen.

Wenn man einen Vergleich zieht zwischen dem Europa der Sicherheit und der Sta­bilität und jenem Europa, das auch in den vergangenen Jahrzehnten geschüttelt wurde, wie zum Beispiel die Länder auf dem Balkan, dann muss man meiner Meinung nach zur Auffassung kommen, dass das erfolgreichste Friedensprojekt, das es bisher in der Geschichte unseres Kontinents gegeben hat, die europäische Einigung und die Europäische Union sind. Darauf können wir stolz sein, und wir können froh sein darüber, dass wir diese europäische Einigung haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen und der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Viele werden sich fragen, warum es trotz dieser unbe­strittenen Erfolge der Europäischen Union, wie im Übrigen auch die vollzogene Erweiterung und die Einführung des Euros, doch solch nachhaltige Skepsis in Bezug auf Europa gibt. Wenn die Europäische Union so erfolgreich war, warum sind dann eigentlich immer mehr Menschen immer skeptischer, gerade in Österreich? – Ich finde, wir als Verantwortliche haben uns mit den Ursachen dieser Skepsis auseinander zu setzen.

Ich glaube, einer der Hauptgründe liegt darin, dass die Menschen in Österreich, Kolle­ge Molterer, nicht den Eindruck haben, dass Europa die Antwort auf die Globalisierung ist, sondern dass sehr viele Menschen den Eindruck haben, dass die Auswirkungen der Globalisierung in Europa verschärft werden. Dieser Eindruck verunsichert viele Menschen, weil viele die Hoffnung gehabt haben, dass Europa ein Instrument ist, um die Globalisierung humaner und sozialer zu gestalten. Aber ihr Erleben ist ein anderes.

Man muss sich schon einmal die Frage stellen, ob alles, was immer auf der Ebene absoluter Wahrheiten auch von der EU-Kommission formuliert wird, gerade Deregulie­rungen und Liberalisierungen in großem Ausmaß betreffend, nicht manchmal dazu führt, dass die Menschen in Europa unsicherer werden in Bezug auf die Gesamtheit des Projektes, vor allem dann, wenn sich die in Aussicht gestellten Erfolge nicht ein­stellen.

Ich glaube, wir dürfen uns nicht wundern, dass die Menschen, auch wenn wir sagen: Der Euro ist ein ganz wesentliches Instrument für europäische Wirtschaftspolitik!, mit Recht den Eindruck haben, dass es in der Beschäftigungsfrage nicht wirklich weiter­geht, dass die Einkommen nicht wirklich steigen, sondern da und dort eher sinken, und dass dann Zusammenhänge hergestellt werden, angesichts derer viele den Eindruck haben, dass sich Europa von den selbst gesetzten Zielen und auch von den Ver­heißungen da und dort entfernt.

Ich meine, dass diese steigende Skepsis nichts zu tun hat mit zu viel Europa, sondern eigentlich mit zu wenig Europa, weil Europa bisher nicht imstande war, jene Ver­heißungen zu erfüllen, die viele Menschen mit diesem Projekt verbunden haben. (Bei­fall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Lunacek.)

Im Übrigen glaube ich, dass das auch in Bezug auf die europäische Demokratie gilt. Denn was ist das Hauptproblem? – Wenn man in Österreich mit einer Regierung zufrieden ist, dann kann man sie bei der nächsten Wahl bestätigen. Wenn man mit einer Regierung unzufrieden ist, dann kann man eine Regierung bei der nächsten Wahl abwählen und durch eine andere ersetzen. Das europäische Problem besteht nun aber darin, dass die Menschen nicht wissen, wie sie, wenn sie mit europäischer Politik


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