Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 57

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Erlauben Sie mir, auch etwas zur Frage Volksabstimmung zu sagen. – Ich habe mich schon sehr gewundert, dass ausgerechnet Abgeordneter Voggenhuber bemängelt hat, dass sich die Bundesregierung, ich persönlich oder mein Vertreter und die Regie­rungsfraktionen nicht nachdrücklich genug für eine europaweite Referendums-Idee ausgesprochen hätten. Darf ich ganz lieb nur daran erinnern, Herr Professor Van der Bellen und verehrte Abgeordnete von der Fraktion der Grünen: Es gibt ein gemein­sames Dokument (dasselbe in die Höhe haltend), und zwar ein gemeinsames Dokument meines Regierungsvertreters, meines persönlichen Vertreters Hannes Farn­leitner vom 31. März 2003, das übrigens Johannes Voggenhuber mit unterzeichnet hat, wie auch 15 andere Konventsmitglieder – das waren immerhin 15 Prozent des gesam­ten Konvents –, in welchem genau diese Idee, die ich auch im September 2003, noch vor Beginn der Regierungskonferenz, öffentlich unterstützt habe, drinnen ist, nämlich eine europäische Abstimmung am gleichen Tag in ganz Europa, in allen 25 Mitglieds­ländern, zu machen, damit erstmals eine solche Verfassung, eine Europäische Verfas­sung auch vom europäischen Volk gebilligt wird.

Die Regierungsparteien haben es unterstützt, auch die grüne Fraktion hat es unter­stützt – andere wären eingeladen gewesen, haben aber nicht mitgetan, aber ich begrüße es ausdrücklich, dass heute auch die Sozialdemokraten zu dieser gemein­samen Idee stehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich habe dann später noch dreimal in den Europäischen Räten, und zwar am 18. Juni, am 29. Juni und am 5. November 2004, diese Idee propagiert, bin aber ganz allein geblieben. Ich sage es hier auch. Auch das kommt vor, und ich schäme mich dafür überhaupt nicht. Ich glaube, dass wir hier weiter sind als andere Nationen.

Ich habe immer vor einem „Fleckerlteppich“ gewarnt. Jetzt machen neun Länder eigene Referenden, und dies verteilt auf fast zwei Jahre. Damit ist praktisch die europäische Arbeit in wichtigen Bereichen zum Erliegen gekommen, weil sich jetzt kein Mensch traut, in der Kommission oder im Parlament oder in den Räten verschiedene Dinge, die möglicherweise kontrovers sein könnten, vorzuschlagen, weil irgendein nationales Referendum, wo es meistens um ganz andere Themen geht, zur Diskussion steht.

In Österreich haben wir eine breite Unterstützung für diese Idee einer europaweiten Volksabstimmung. 52 Prozent der österreichischen Bürger sind für eine solche euro­paweite Abstimmung, was ja implizit auch heißt, dass damit eine nationale Abstim­mung abgelehnt wird.

Meine Damen und Herren, zum Schluss kommend: Vor 40 Jahren, am Montag dieser Woche, ist ein großer Österreicher gestorben, feiert ein großer Österreicher seinen 40. Todestag: Leopold Figl. Ich habe mir seine Abschiedsrede als Bundeskanzler und Parteivorsitzender aus dem Jahre 1951 herausgesucht, die eine berührende Vision enthält. Leopold Figl sagte damals:

Die Vereinigten Staaten von Europa sind das Ziel, das nach Überwindung aller histo­rischen Gebundenheiten erreicht werden soll. Der Weg ist noch von zahlreichen Hürden verstellt. Und doch will es scheinen, dass diese Idee einer europäischen Eini­gung durch den harten Zwang der Geschichte immer mehr ihres utopischen Charakters entkleidet wird und in das Stadium der Realisierung tritt. Damit würde in Europa eine Ordnung geschaffen, mit einem wirtschaftlichen Potential, das die Lösung der ökonomischen und sozialen Probleme ermöglicht, die von den einzelnen natio­nalen Wirtschaften bisher nicht gelöst werden könnten. – Zitatende.

Und heute, 2005, sind wir diesem Traum, wenn auch noch immer nicht ganz, aber doch, ein gewaltiges Stück näher gerückt. Ich bitte daher: Stimmen wir gemeinsam für diesen wichtigen Schritt, ein friedliches, ein soziales, ein wirtschaftlich starkes und


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