Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 58

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demokratisches Europa für seine Bürger zu schaffen – mit einem gemeinsamen Beschluss über die neue Verfassung! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen, der SPÖ und der Grünen.)

11.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die nächsten vier Rednerinnen und Redner verfügen jeweils über 7 Minuten Redezeit.

Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer zu Wort. – Bitte.

 


11.22.27

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bun­deskanzler! Herr Vizekanzler! Frau Außenministerin! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Heute wurde schon sehr viel über Europa gesprochen. Eigentlich trägt jeder heute das Wort „Europa“ im Munde – ganz selbstverständlich –, weil wir über eine neue Verfassung für Europa abstimmen. Aber: Was ist Europa? – Europa ist eigentlich mehr als die Europäische Union, Europa ist ein Kontinent mit 45 unab­hän­gigen Staaten und mit mehr als 700 Millionen Menschen. Vergangenen Montag, am Europatag, war ich auf einer Veranstaltung, bei der die Frage aufgeworfen wurde: Wo liegt das geographische Zentrum Europas? Das hat niemand gewusst; verständlich. Das geographische Zentrum Europas ist Riga. Man sieht also, dass Europa wesent­licher größer ist und nicht nur die Europäische Union umfasst.

25 Staaten haben sich zusammengeschlossen in dieser Europäischen Union. 400 Mil­lionen Menschen versuchen einen gemeinsamen Weg zu gehen, und das ist eine politische Vision, die von einer ungeheuren Kraft ist. Nur die traumatisierenden Erleb­nisse des Zweiten Weltkrieges waren es, die diese starke politische Kraft und diesen langen Atem erzeugt haben, damit ein so schwieriger Prozess wie die Einigung Euro­pas und die Weiterentwicklung Europas auch möglich wurde.

Was ist das Besondere an der Europäischen Union? – Das ganz Besondere ist der Versuch, Vielfalt zu bewahren und gleichzeitig gemeinsame Wege zu gehen und gemeinsame Lösungen zu finden. Und genau daran entzünden sich auch sehr viele Kritiken. Eine Verfassung für Europa zu finden ist nicht einfach. Sehr viele verschie­dene Länder sind daran beteiligt, und jedes einzelne Land geht unterschiedliche Wege und hat unterschiedliche Vorstellungen. Daher glaube ich, dass die Verfassung, wie sie heute vor uns liegt, eine wirklich gelungene Verfassung ist, dass sie ein Schritt in die richtige Richtung ist und das Bestmögliche, was wir bisher erreicht haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Was ist weiters das Besondere an Europa? – Das Besondere ist, dass es auf gemeinsamen Werten gegründet ist, auf Werten wie Freiheit, Toleranz, Pluralismus. Am vergangenen Montag, am Europatag, hat mich Folgendes sehr berührt: Es wurde eine Schülerin gefragt, was für sie Europa ist und was für sie wichtig ist. Und diese Schülerin, lange nach den Weltkriegen geboren, antwortete, das Wichtigste für sie sei noch immer der Frieden. Diese Sehnsucht nach einer Friedensordnung, nach einer Gemeinschaft ist für uns alle ein Auftrag, diesen Weg weiterzugehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte auch ein paar Worte zur Diskussion über die Volksabstimmung verlieren. Das Ganze hat sich am Artikel 16 entzündet, in dem der Vorrang des Europarechts gegenüber dem Recht der Mitgliedstaaten formuliert ist. Das war allseits seit langem bekannt. Auch der Herr Bundeskanzler hat schon darauf hingewiesen, dass es vor mehr als 40 Jahren ein Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes gegeben hat, in dem sich dieser eindeutig dahin gehend ausgesprochen hat, dass Europarecht vor nationalem Recht geht, auch im Hinblick darauf, dass sich die Länder aus dem


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