Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 59

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gemeinsamen Rechtsraum nicht einfach klammheimlich verabschieden können. Die Europäische Union würde ja gar nicht funktionieren, wenn wir nicht diese Bindung an das gemeinsame europäische Recht hätten und uns auf Grund von nationalen Indi­vidualitäten und nationalen Vorstellungen aus dem Ganzen verabschieden könnten.

Daher muss es so sein, dass Europarecht Vorrang hat, ja es ist anders überhaupt nicht denkbar. Das muss allen bewusst sein, und das war auch allen, die hier mitgemacht haben und letztlich mitgestimmt haben, von Anfang an bewusst.

Bezüglich der Volksabstimmung möchte ich noch sagen, dass ich mit großem Erstaunen die jüngste Diskussion gehört habe. Mein Erstaunen bezog sich aber weniger auf den politischen Raum – man kann politisch durchaus der Meinung sein, eine Volksabstimmung gehört zu so einem wichtigen europäischen Dokument dazu –, sondern vielmehr auf die Diskussion in der Lehre.

Erinnern Sie sich an die Diskutanten, an diejenigen, die die Stimme erhoben haben: Das waren einige Professoren, und zwar gerade diejenigen, die in ihren eigenen Kom­mentaren, etwa „Grundriss des österreichischen Verfassungsrechtes“, sagen, dass es nicht möglich ist, über einen Staatsvertrag eine Volksabstimmung abzuhalten, und die jetzt nachträglich zur Auffassung gelangt sind, dass eine Volksabstimmung vielleicht doch nicht schlecht wäre. Ich sehe die Meinungsäußerungen dieser Professoren schon allein deswegen als relativ kritisch an, weil sie eine ganz andere Glaubwürdigkeit haben.

Dass eine politische Diskussion stattfindet ist etwas anderes, als wenn Professoren über ihr ureigenstes Thema, nämlich über eine Verfassungsfrage unterschiedlicher Meinung sind, und das einen Tag vor der entsprechenden Abstimmung. Wobei auch klar war: Wir alle haben einstimmig das Ermächtigungsgesetz beschlossen, das am 30. März in Kraft getreten ist. Dies ist ja nicht das erste Mal, dass dieser Weg gewählt wurde. Daher empfinde ich eine Diskussion in der Lehre, die Mitte Mai stattfindet, als einigermaßen bedenklich und auch als verunsichernd. Das ist eigentlich keine sehr sinnvolle Art, sich mit diesem Thema zu befassen (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen), weil diese Materie ohnehin schwierig genug ist.

Die Vorteile für die Europäische Union sind von meinen Vorrednern bereits aufgezählt worden. Ich möchte nur noch darauf hinweisen, dass es auch den nationalen Parla­menten sehr viele Veränderungen bringen wird. Die nationalen Parlamente werden gestärkt. Sie erhalten alle Gesetzesvorschläge und werden in die Entscheidungs­pro­zesse eingebunden werden. Wir als nationales Parlament werden sehr oft darüber zu entscheiden haben, ob wir uns mit anderen Parlamenten zusammenschließen, um eine Stopp-Taste zu drücken. Das bringt uns eine sehr große Verantwortung, und ich appelliere an alle, sich dieser Verantwortung auch entsprechend bewusst zu werden.

Wenn man gegen die Europäische Union auftritt, stehen meist Ängste dahinter, weil vieles nicht verstanden wird. Das ist nur natürlich, weil es eine sehr komplexe Materie ist. Aber wenn die Angst geschürt wird, dass die Europäische Union über uns „drüber­fährt“, so ist dies oft unbegründet. Das Drüberfahren kann nämlich dann nicht statt­finden, wenn wir die uns zustehenden Rechte ausüben und von dem Gebrauch machen, was uns zusteht. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Mein Schlusssatz, Frau Vorsitzende: Europa ist natürlich nicht perfekt, aber es ist das Beste, was wir haben. Stimmen wir alle dieser Verfassung zu! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap zu Wort. – Bitte.

 


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