Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 61

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Auf die Frage an Jörg Haider, warum er das nicht getan hat, antwortete er, das sei damals die alte FPÖ gewesen, er sei jetzt beim BZÖ. Das ist doch lächerlich! Das ist ja Nestroy: Wer ist stärker – ich oder ich, der BZÖ-Haider oder der FPÖ-Haider, der Regierungs-Haider oder der Oppositions-Haider? Bin schon wieder da – bin wieder weg! Das ist ja nicht mehr auszuhalten, diese Position! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich frage mich nur eines, wenn dieses Nestroy-Theater immer wieder eine Neuauflage findet: Herr Bundeskanzler, wie wird sich Ihre Ratspräsidentschaft abspielen, wenn Haider wieder da ist und wieder weg ist und für den Verfassungsvertrag ist und gegen den Verfassungsvertrag? (Abg. Dr. Puswald: Possenhaft! – Abg. Dr. Fekter: Keine Sorge! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wie wird es sein, wenn der „Westentaschen-Napoleon“ – laut Haider – dann als Gast nach Wien kommt, wenn die Gäste kommen, die Haider nicht mag oder wieder mag oder schon mag, oder die BZÖ mag, oder die FPÖ damals nicht gemocht hat und jetzt die BZÖ doch mag, nachdem sie umfrisiert und umgeföhnt wurde, und jetzt plötzlich ein neues Bild abgeben soll? Wie soll diese Ratspräsidentschaft aussehen, wo Öster­reich Gastgeberland ist, wo zig Fernsehstationen ihr Auge auf Sie richten – zum Beispiel auf Sie vom BZÖ, wie Sie sich immer die Treue halten? Wie soll das vor sich gehen, Herr Bundeskanzler? (Abg. Scheibner: Wir wollen jetzt über die Verfassung reden mit Ihnen!) Das kann man nicht immer nur mit Aussitzen und gelassen hin und gelassen her bewältigen, wenn dann Jörg Haider mit einem Transparent vor der Versammlung steht und dagegen protestiert. Das ist eine Frage, die sich sehr wohl stellt. (Abg. Scheibner: Wir wollen über die Verfassung reden! – Abg. Neudeck: Das ist Ihr Problem, dass Sie die Verfassung nicht kennen!)

Am 2. März wurde das verabsäumt, heute ist der 11. Mai. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich verstehe schon, dass Sie aufgeregt sind, aber machen Sie sich das mit Haider aus, wenn er gerade wieder da ist. Stehlen Sie mir aber bitte nicht mit Zwischenrufen meine kurze Redezeit! (Abg. Neudeck: Viel zu lang! – Abg. Scheibner: Ein Zwischenruf wird nicht angerechnet!)

Heute ist der 11. Mai, und heute findet nun diese Debatte über den Verfassungsvertrag statt. Ich glaube, dass dieser den Bedürfnissen der Bevölkerung, die sehr kritisch gegenüber der EU und der Politik der Bundesregierung eingestellt ist (Abg. Neudeck: Sie widersprechen Gusenbauer!), insofern entgegenkommt, als er mehr Möglichkeiten bietet, von der Grundriss-Charta angefangen, die einklagbar ist, bis zu den Zielen der sozialen Rechte, bis hin dazu, dass es mehr direktdemokratische Einrichtungen gibt. Kurz: Die EU wird bürgernäher, und dieser Vertrag bietet mehr Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen auf das, was in Brüssel geschieht. Und das halte ich für ganz ent­scheidend.

Dann wird es nicht mehr auf fruchtbaren Boden fallen, wenn Jörg Haider sagt, da gibt es Politiker in Brüssel, die keinen blassen Schimmer haben, irgendwelche dunklen Bürokraten und Verschwörungstheoretiker, die dann der Herr Bundeskanzler, wenn er Ratspräsident ist, in Wien begrüßen wird. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Sie alle werden dort stehen und die Hand hinhalten und alle begrüßen, aber ich weiß nicht, wie das funktionieren wird.

Dieser Verfassungsvertrag ist jedenfalls ein Schritt in die richtige Richtung. Wir unter­stützen ihn daher und werden ihm im Interesse Österreichs, das ein Teil Europas ist, und im Interesse der österreichischen Bevölkerung selbstverständlich zustimmen. (Bei­fall bei der SPÖ.)

11.36

 


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