Auf die Frage an
Jörg Haider, warum er das nicht getan hat, antwortete er, das sei damals
die alte FPÖ gewesen, er sei jetzt beim BZÖ. Das ist doch lächerlich! Das ist
ja Nestroy: Wer ist stärker – ich oder ich, der BZÖ-Haider oder der
FPÖ-Haider, der Regierungs-Haider oder der Oppositions-Haider? Bin schon wieder
da – bin wieder weg! Das ist ja nicht mehr auszuhalten, diese Position! (Beifall
bei der SPÖ und den Grünen.)
Ich frage mich
nur eines, wenn dieses Nestroy-Theater immer wieder eine Neuauflage findet:
Herr Bundeskanzler, wie wird sich Ihre Ratspräsidentschaft abspielen, wenn
Haider wieder da ist und wieder weg ist und für den Verfassungsvertrag ist und
gegen den Verfassungsvertrag? (Abg. Dr. Puswald: Possenhaft! –
Abg. Dr. Fekter: Keine Sorge! – Weitere Zwischenrufe bei der
ÖVP und den Freiheitlichen.)
Wie wird es sein, wenn der „Westentaschen-Napoleon“ – laut
Haider – dann als Gast nach Wien kommt, wenn die Gäste kommen, die Haider
nicht mag oder wieder mag oder schon mag, oder die BZÖ mag, oder die FPÖ damals
nicht gemocht hat und jetzt die BZÖ doch mag, nachdem sie umfrisiert und
umgeföhnt wurde, und jetzt plötzlich ein neues Bild abgeben soll? Wie soll
diese Ratspräsidentschaft aussehen, wo Österreich Gastgeberland ist, wo zig
Fernsehstationen ihr Auge auf Sie richten – zum Beispiel auf Sie vom BZÖ,
wie Sie sich immer die Treue halten? Wie soll das vor sich gehen, Herr
Bundeskanzler? (Abg. Scheibner: Wir wollen jetzt über die Verfassung
reden mit Ihnen!) Das kann man nicht immer nur mit Aussitzen und gelassen
hin und gelassen her bewältigen, wenn dann Jörg Haider mit einem
Transparent vor der Versammlung steht und dagegen protestiert. Das ist eine
Frage, die sich sehr wohl stellt. (Abg. Scheibner: Wir wollen über
die Verfassung reden! – Abg. Neudeck: Das ist Ihr Problem, dass Sie
die Verfassung nicht kennen!)
Am 2. März
wurde das verabsäumt, heute ist der 11. Mai. (Weitere Zwischenrufe bei
den Freiheitlichen.) Ich verstehe schon, dass Sie aufgeregt sind, aber
machen Sie sich das mit Haider aus, wenn er gerade wieder da ist. Stehlen Sie
mir aber bitte nicht mit Zwischenrufen meine kurze Redezeit! (Abg. Neudeck:
Viel zu lang! – Abg. Scheibner: Ein Zwischenruf wird nicht
angerechnet!)
Heute ist der 11. Mai, und heute findet nun diese Debatte über den Verfassungsvertrag statt. Ich glaube, dass dieser den Bedürfnissen der Bevölkerung, die sehr kritisch gegenüber der EU und der Politik der Bundesregierung eingestellt ist (Abg. Neudeck: Sie widersprechen Gusenbauer!), insofern entgegenkommt, als er mehr Möglichkeiten bietet, von der Grundriss-Charta angefangen, die einklagbar ist, bis zu den Zielen der sozialen Rechte, bis hin dazu, dass es mehr direktdemokratische Einrichtungen gibt. Kurz: Die EU wird bürgernäher, und dieser Vertrag bietet mehr Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen auf das, was in Brüssel geschieht. Und das halte ich für ganz entscheidend.
Dann wird es nicht mehr auf fruchtbaren Boden fallen, wenn Jörg Haider sagt, da gibt es Politiker in Brüssel, die keinen blassen Schimmer haben, irgendwelche dunklen Bürokraten und Verschwörungstheoretiker, die dann der Herr Bundeskanzler, wenn er Ratspräsident ist, in Wien begrüßen wird. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Sie alle werden dort stehen und die Hand hinhalten und alle begrüßen, aber ich weiß nicht, wie das funktionieren wird.
Dieser Verfassungsvertrag ist jedenfalls ein Schritt in die richtige Richtung. Wir unterstützen ihn daher und werden ihm im Interesse Österreichs, das ein Teil Europas ist, und im Interesse der österreichischen Bevölkerung selbstverständlich zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)
11.36