Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 77

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Schildläuse-im-Joghurt-Diskussion denke. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, die Daseinsvorsorge ist Teil der nationalen Identität – und mit derartigen Dingen brauchen wir uns jetzt wirklich nicht mehr aufzuhalten.

Wir haben eine Kultur, die wir in Österreich entwickelt haben, ebenso gute Traditionen, so etwa den sozialpartnerschaftlichen Dialog in diese Debatte und in diese Bestim­mungen eingebracht, nämlich in der Zielformulierung betreffend soziale Marktwirt­schaft. Wir entscheiden selbst, wie wir uns wechselseitig beistehen, eben im Zusam­menhang mit der Solidarklausel, welche Art und Umfang dieser Beistand ausmacht.

Für ein föderalistisch strukturiertes Land wie Österreich ist es wichtig, dass auch die regionale und kommunale Selbstverwaltung subsidiär und entsprechend festgeschrie­ben ist. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Bei allen Diskussionen ist in der Vergangenheit immer wieder die Befürchtung artiku­liert worden: Werden nicht die Großen die Kleinen schlucken? Durch das besondere Quorum, das erreicht worden ist – Hand aufs Herz: noch vor einem Jahr hätte ich nicht erwartet, dass das ausverhandelt werden kann –, werden die Großen die Kleinen nicht überrollen können. In Wirklichkeit ist es bei dem, was eingebracht worden ist, so, dass die Kleinen die Großen im Sinne einer friedlichen Entwicklung der Europäischen Union sind.

Ich zitiere nun Robert Schuman – vom 9. Mai 1950 – mit einem Satz, der auch heute noch aktueller denn je ist:

„Europa lässt sich nicht mit einem Schlage herstellen ... Es wird durch konkrete Tatsachen entstehen, die zunächst eine Solidarität der Tat schaffen.“

Und diese Verfassung ist ein solcher Beweis dafür.

Wir feiern jetzt in Österreich 10 Jahre EU-Mitgliedschaft, 50 Jahre Staatsvertrag und 60 Jahre Zweite Republik, und ich denke, eine große Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher weiss etwas damit zu verbinden.

Ich möchte jetzt noch einen Jubiläumstag hinzufügen, da ja in der Geschichte immer nur Männer genannt werden: 100 Jahre ist es her, dass eine große Frau, nämlich Bertha von Suttner, den Friedensnobelpreis bekommen hat, und darauf möchte ich besonders hinweisen, weil das der Punkt und das wirkliche Ziel dieser europäischen Einigung ist: Welches Europa werden wir unseren Kindern weitergeben? – Ein Europa, das Kriege nicht nur praktisch unmöglich, sondern sogar denkunmöglich macht. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Schieder. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.33.19

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Auch ich möchte mich mit einigen Sorgen der Menschen befassen. Es ist die Sorge: Was bringt diese Verfassung? Sichert sie den Frieden? Wie ist es mit der Neutralität?

Die Europäische Union hat seinerzeit – fünf Jahre nach Ende des Zweiten Welt­krieges – als Friedensprojekt begonnen, und sie bleibt ein Friedensprojekt.

Die Europäische Verfassung bringt auch keine gravierenden Änderungen bei der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Es ist darin, so wie bisher, festgelegt, dass die Mitgliedstaaten schrittweise eine engere Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich festlegen können. Dabei ist ausdrücklich der besondere Charakter der Verteidi-


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