Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 61

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Plötzlich hat es eine „Verbrüderung“ mit der Kirche gegeben, wo sich der Kardinal ein­geschaltet hat. Es hat darin gegipfelt, dass der Kardinal zu Gesprächen gekommen ist. Ich wünsche mir nur eines: eine Amtskirche in Österreich, die immer dann bei Gipfeln dabei ist und sich aktiv einschaltet, wenn es um soziale Benachteiligung von Menschen in Österreich geht, wenn es um Menschenrechtsverletzungen geht! Das würde ich mir auch wünschen: dass diese Amtskirche dann genauso aktiv wird! (Beifall bei den Grü­nen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Freiheitlichen.)

Der vorliegende Gesetzentwurf lässt zentrale Fragen offen, zum Beispiel die Frage der Gesamtschule. Es ist schon angesprochen worden ist, dass da ein breiter Interpreta­tionsraum offen bleibt. Es geht aus unserer Sicht nicht an, dass Sie, weil Sie sich nicht einig sind, was Sie künftig mit einer Gesamtschule in Österreich machen wollen, ein Gesetz verabschieden, das genau diese zentrale Frage nicht behandelt und nicht klärt. Es kann auch nicht Aufgabe eines Gerichts sein, das zu klären.

Der Vergleich von Kollegem Brosz, den er vorhin gebracht hat, mit dem Kauf eines Autos, wo sich niemand entscheidet, wie dieses Auto eigentlich sein soll, und wo dann plötzlich völlig verschiedene Produkte im Spiel sind, zeigt, wie unterschiedlich da die Standpunkte sind. Es hat sich ja auch an den Reaktionen nach dem Unterrichts­ausschuss gezeigt, dass Sie überhaupt nicht wissen, was Sie in diesem Gesetz ver­abschieden. Leider – wenn ich beispielsweise an die Kollegin Rossmann denke, die danach völlig aufgebracht war. (Zwischenruf der Abg. Rossmann.) Am nächsten Tag hat es dann geheißen: Alles ist ganz anders! Ihr könnt eh machen, was ihr tun wollt, allerdings weiterhin in Form eines Schulversuchs! – Das ist keine Verbesserung für diesen Staat, und das ist auch keine Verbesserung für das Schulsystem! (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben in diesem Antrag einen weiteren Punkt, der da heißt: „Schulen sind Einrich­tungen, in denen Schüler gemeinsam nach einem umfassenden, festen Lehrplan unter­richtet werden ...“

Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Se damit genau das Gegenteil von dem tun, was die Zukunftskommission empfiehlt und erarbeitet hat. Die spricht nämlich davon – ich zitiere –, „neue formale Strukturen für schlanke Lehrpläne zu erstellen“. Und diese sagt auch ganz klar, dass es nicht darum geht – und das haben Sie, Herr Kollege Neu­gebauer, vorhin kritisiert –, Details zu beschließen, sondern dass es darum geht, einen Rahmenplan festzusetzen – ich betone: einen Rahmenplan! –, und das wäre unsere Verantwortung als Politikerinnen und Politiker. Wir sind schon bereit, diese Verantwor­tung zu übernehmen, Sie allerdings drücken sich um diese Verantwortung. Leider! (Beifall bei den Grünen.)

Kollege Amon hat gesagt, dass der neue Antrag auch das Ziel beinhaltet, dass die Schülerinnen und Schüler zu leistungsorientierten, musischen und kreativen Menschen werden. – Was er jedoch nicht angeführt hat, ist ein Begriff, der mir persönlich sehr aufgestoßen ist. Sie beschließen nämlich heute ein Gesetz – das sage ich all jenen von Ihnen, die es vielleicht nicht genau durchgelesen haben, was vorkommen kann –, in welchem steht, dass die Schülerinnen und Schüler zur Pflichttreue erzogen werden sollen. Zur Pflichttreue! (Staatssekretär Mag. Schweitzer: Was ist das Problem?)

Ich habe diesen Begriff in die Suchmaschine Google eingegeben, und wissen Sie, was ich da an seitenlangen Antworten erhalten habe? – Da kommt man zu „Archiv der Monarchieliga“, zu „Timotheus“, nämlich zum Neuen Testament, zu „Lehrerkabarett“, zu „Militärische Laufbahnen meiner Vorfahren“, zu „NS-Nachrichten“ der NSDAP, zu „Kolpingwerk Stadtverband Münster“ und dem Zitat „Wer selbst pflichttreu ist, kann auch mit Erfolg andere zur Pflichttreue anhalten“. (Abg. Dr. Brinek: Haben Sie sich je mit philosophischen und anthropologischen Fragen beschäftigt?)

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite