Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 83

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Stellen wir doch auch einmal Folgendes klar: Ihre Absage an die Ganztagsschule und die gemeinsame Schule halte ich in Wirklichkeit für nicht ideologisch motiviert. Ihnen in dieser Bundesregierung geht es um Sparen im Bildungssystem. Und: Hätten wir die Ganztagsschule, würde das mehr Geld kosten, denn ganztägige Betreuung kostet eben mehr als halbtägige.

Ganztägige Betreuung bringt zwar mehr Qualität, aber das ist Ihnen egal. Wenn wir eine gemeinsame Schule haben, die einen ganzen Tag geöffnet hat, braucht man an­dere räumliche Einrichtungen, bessere Betreuung und so weiter. Wenn wir, so wie die Grünen das verlangen, eine gemeinsame Schule mit einem Ausbau der individuellen Betreuung haben, wo wirklich jede Schülerin/jeder Schüler das bekommt, was sie/er an Betreuung und Unterstützung braucht, dann kostet das natürlich mehr Geld. Das geht Ihnen von den Koalitionsparteien gegen den Strich. Sie haben zwar Geld für Abfangjäger, jedoch keines für den Ausbau unseres Schulsystems. (Beifall bei den Grünen.)

Einen Vorwurf kann ich hier jedoch der SPÖ nicht ganz ersparen. Es war ein merk­würdiges Wunder, dass die ÖVP plötzlich ihre jahre-, jahrzehntelange Blockade aufge­geben hat und nicht mehr an einer Zweidrittelmehrheit in diesem Bereich festhält. Was jedoch die SPÖ dann gemacht hat, war ein Sich-selbst-Überdribbeln. Man zaubert ein paar Gespenster aus dem Hut: Schulgeldfreiheit. Naja, nennen wir es halt Kosten­beitrag und schon muss das Ganze nicht mehr mit Verfassungsmehrheit gemacht werden. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Das heißt, Sie von der SPÖ zaubern das Gespenst „Gefährdung der Schulgeldfreiheit“ heraus, blasen es auf – und dann bekämpfen Sie das in einem Schattenboxen und feiern es als „Sieg“. Der „Sieg“ bedeutet, es wird in der Verfassung die Formulierung geben: in Fragen der Schulgeldfreiheit Zweidrittelmehrheit. – Kostenbeiträge aber gibt es schon heute, und die ÖVP wird, wenn sie will, das auch in Zukunft machen können. Und Sie von der SPÖ haben gar nichts erreicht – außer, dass Sie die tatsächliche Abschaffung der Zweidrittelmehrheit in allen Bereichen verhindert haben.

Ziel von uns Grünen ist eine gemeinsame Schule mit guter Qualität, mit individueller Betreuung aller Schülerinnen und Schüler – und das braucht eine glatte Abschaffung der Zweidrittelmehrheit, die Sie jedoch leider nicht zulassen. (Beifall bei den Grünen.)

13.02


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schiefermair. – Bitte.

 


13.02.50

Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bun­desminister! Werter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ganz verkneifen kann ich mir jetzt Folgendes nicht, Frau Kollegin Weinzinger: Natürlich sind wir ideologisch auseinander, aber Sie behaupten, dass 80 Prozent der Frauen, die Kinderbetreuung am Nachmittag machen – das unterstellen Sie ihnen –, das nicht gerne tun würden.

Ich kenne sehr, sehr viele Mütter, die das gerne machen! (Abg. Mag. Wurm: Wäre halt auch günstig, wenn ein paar Männer dabei wären!) Ja, ja, das machen auch viele, viele Männer. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich werde mit Andrews beginnen, der sagt: „Welche Fähigkeit besitzen wir alle gemein­sam? – Die Fähigkeit, zu verändern.“

Nun: Jetzt hat ein langer Diskussionsprozess ein gutes Ende gefunden, wodurch ein Anfang eines neuen Entwicklungsprozesses ermöglicht wird. Bewahren, wo nötig – verändern, wo möglich.

 


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