Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 82

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dass moderne, flexible, aber insbesondere nachhaltige Verbesserungen im Bildungs­system bewirkt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger zu Wort. – Bitte.

 


12.57.03

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglie­der der Bundesregierung! Hohes Haus! Frau Bundesministerin, Sie haben heute, wie auch schon in der Vergangenheit üblich, jeden Vorschlag zur Verbesserung des öster­reichischen Schulsystems mit dem Verweis abgeschmettert: Es ist eh alles gut! (Zwi­schenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist doch lächerlich!)

Es stimmt: Es gibt viel Gutes im österreichischen Schulsystem. Es gibt motivierte Lehrer, aber ich kenne auch Lehrer und Lehrerinnen, die nicht mehr motiviert sind, die frustriert sind vom engen Korsett des Schulsystems, das Sie ihnen aufzwingen. Es gibt sehr zufriedene Eltern, aber ich kenne auch viele Eltern, die nicht zufrieden sind, weil sie glauben, dass ihre Kinder eine noch bessere Betreuung und Förderung verdienen.

Ich glaube, für die Politik ist es immer dann fatal, wenn man nicht mehr auf das schaut, was man verbessern kann, sondern nur noch auf das, was man tatsächlich oder vermeintlich erreicht hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nur ein kleines Beispiel, weil das bislang in der Diskussion noch nicht erwähnt worden ist. Ich glaube zum Beispiel, dass es Aufgabe der Schule ist, Burschen und Mädchen gleichermaßen gut auszubilden, gut vorzubereiten und sie als selbstbewusste junge Bürgerinnen und Bürger in das Leben jenseits der Schule zu entlassen.

Für Mädchen ist das heute bei weitem nicht der Fall. Wir wissen, dass sie in der PISA-Studie in den naturwissenschaftlichen Fächern schlechter abgeschnitten haben, dass sie in vielen Unterrichtsfächern weniger gut zur Geltung kommen. Ich glaube, da wäre deutlicher Nachholbedarf gegeben, gerade wenn eine Frau Bildungsministerin ist und diese Regierung es sich ja auf die Fahnen schreibt, dass ein hoher Frauenanteil unter den Ministern und Ministerinnen zu finden ist.

Unter den wenigen Aussagen, die bei Ihnen, Frau Bildungsministerin, irgendwie ding­fest zu machen waren, gab es eine klare: Es gab eine klare Absage an die Ganz­tagsschule, noch dazu mit dem Verweis darauf, dass Sie strikte dagegen sind, dass die Kinder die Aufgaben alle schon in der Schule gemacht haben, weil das dann in der Familie passieren soll. (Ruf bei der ÖVP: Eine falsche Interpretation!)

Ich frage Sie wirklich: Was für eine verwegene Vorstellung haben Sie davon, was Aufgabe von Eltern und von Familie ist? Glauben Sie tatsächlich, dass sich Eltern nicht mehr für ihre Kinder und für die schulischen Erlebnisse und Leistungen der Kinder interessieren, wenn diese ihre Aufgaben schon in der Schule gemacht haben? (Beifall bei den Grünen.)

Was dabei auch noch auffällt, ist, dass es ja in Wirklichkeit um eine Verlagerung der Verantwortung geht. Wenn Sie von den Eltern und von den Familien reden, können Sie doch ehrlich sein und sagen, zu 80 Prozent heißt das Mütter. Denn wer ist am Nach­mittag zu Hause bei den schulpflichtigen Kindern, um sie zu betreuen, wenn es keine andere Betreuungsform gibt? Es sind in der Regel nicht die Väter, sondern die Mütter. (Staatssekretär Mag. Schweitzer: Ja und?) „Ja und?“, sagt der Herr Staatssekretär. Wenn es Ihnen egal ist – ich denke, für die Wahlfreiheit: Berufstätigkeit oder nicht, spielt das sehr wohl eine Rolle für viele Frauen, die gerne arbeiten gehen würden. (Bei­fall bei den Grünen und der SPÖ.)

 


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