war es ganz
egal, warum sich der Deserteur „der Manneszucht“ entzog. Deserteure galten als
„Verräter“ an der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft und wurden aufs
Härteste verfolgt. Rund 15.000 von den Wehrmachtsgerichten zum Tode verurteilte
und hingerichtete Deserteure belegen die unglaubliche Brutalität der
Militärgerichte. Festzuhalten bleibt, dass die Tat der Desertion aus der
Deutschen Wehrmacht richtig war.
Im Gegensatz zu
Österreich erfolgte in Deutschland die volle Rehabilitierung der Kriegsdienstverweigerer,
Wehrmachtsdeserteure und der sogenannten „Wehrkraftzersetzer“ aus der NS-Zeit
im Jahr 2002 mit Beschluss des Bundestages.
Ein Erlass des
Bundesministeriums für Justiz, JABl 7/2004, weist darauf hin, dass neben
dem Aufhebungsgesetz 1945 auch die Befreiungsamnestie, BGBl 79/1946, Anwendung
zu finden hat. Beide Gesetze sehen die pauschale Ungültigkeit der Verurteilungen
ex lege vor. Die umfassende Umsetzung durch die erforderlichen Gerichtsbeschlüsse
lässt aber noch immer auf sich warten. „Rehabilitierung ist aber eine offizielle,
öffentliche und individuelle Wiederherstellung der Rechte und auch der persönlichen
Ehre der Opfer. In juristischem Sinne versteht man darunter die Beseitigung des
Makels einer Strafe durch offizielle Aufhebung der Verurteilung“, schreibt
Dr. Kohlhofer in seinem Vorwort zu dem Buch, in dem die Ergebnisse des
oben erwähnten Symposiums veröffentlicht wurden, und er argumentiert weiter:
„Eine Rehabilitierung, von welcher weder die entehrten, bestraften und
verfemten Personen wissen, noch das für die Rehabilitierung zuständige
Bundesministerium für Justiz und schon gar nicht die Öffentlichkeit, ist keine
Rehabilitierung! Die unmittelbar nach dem Krieg beschlossenen Gesetze stellten
bestenfalls den (leider gescheiterten) Versuch dar, den zu unrecht Verurteilten
Gerechtigkeit zu erweisen. Der österreichische Gesetzgeber ging in seinem
Entschließungsantrag aus dem Jahr 1999 davon aus, dass bisher eine Rehabilitierung
nicht erfolgt ist. Dies zeigt mit nicht zu überbietender Deutlichkeit, dass der
nunmehrige Verweis auf eine durch eben diesen österreichischen Gesetzgeber
bereits vor Jahrzehnten erfolgte Rehabilitierung unhaltbar ist.
Der Standpunkt
des Bundesministeriums für Justiz ist aber nicht nur aus diesen pragmatischen
Überlegungen unhaltbar, sondern auch inhaltlich verfehlt: Sowohl das Aufhebungs-
und Einstellungsgesetz aus dem Jahre 1945 als auch die so genannte „Befreiungsamnestie“
aus dem Jahre 1946 normieren übereinstimmend, dass verschiedene
Verurteilungen durch nationalsozialistische Gerichte „als nicht erfolgt“
gelten. Beide Gesetze verlangen jedoch eine Entscheidung durch das zuständige
Gericht, ob im Einzelfall die Verurteilung tatsächlich als nicht erfolgt gilt.
Erst diese gerichtliche Entscheidung bewirkt die juristische Rehabilitierung
des Verurteilten. Diese erfolgt entweder über Antrag oder „von Amts wegen“. Im
Zusammenhang mit der Intention des Gesetzgebers, nämlich der Rehabilitierung
der unschuldigen Opfer, ist von einer Verpflichtung zur amtswegigen Aufhebung
auszugehen. Wann immer daher Justizbehörden von einer unter die beiden
genannten Gesetze fallenden Verurteilung Kenntnis erlangen, sind sie
verpflichtet, von Amts wegen einen Gerichtsbeschluss im konkreten Fall
herbeizuführen. Soweit ersichtlich ist dies aber bisher in keinem einzigen
Fall geschehen. Gerichtsbeschlüsse zur Rehabilitierung erfolgten –
erstmals im Jahre 1998 (!) – bisher nur in neun Fällen von ermordeten
österreichischen Zeugen Jehovas, jeweils über einen Antrag von Einzelpersonen
bzw. der staatlich eingetragenen Religionsgemeinschaft Jehovas Zeugen.
Die Befreiungsamnestie 1946 deckt das ganze Feld der notwendigen Rehabilitierungen also ebenso wenig ab wie das Aufhebungsgesetz 1945. Das Verhältnis beider Gesetze zueinander ist verwirrend und teilweise widersprüchlich. Das Aufhebungsgesetz 1945 mit ergänzender Verordnung, StGBl 155/1945, verlangt zusätzlich zur Aburteilung nach bestimmten NS-Gesetzen, dass die Handlung „gegen die nationalsozialistische Herr-