Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 127

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ist er in Ihren Augen eine „konstruktive Persönlichkeit“ geworden. Und zu den Auslas­sungen von BZÖ-BR Kampl – die entsprechendes internationales Interesse auf sich zogen – schweigen Sie noch immer. Warum verurteilen Sie die Aussagen von FPÖ-BR Gudenus, während bisher Sie zu den Diffamierungen von BZÖ-BR Kampl offensichtlich aus falsch verstandener Koalitionsräson geschwiegen haben und auch nach seinem Rücktritt weiterhin schweigen?

2. Unterstützen Sie die Forderung nach Rücktritt von Bundesrat John Gudenus?

3. Sind für Sie Personen als Abgeordnete des österreichischen Parlaments tragbar, die Wehrmachts-Deserteure als „Kameradenmörder" bezeichnet haben?

4. Macht es für Sie einen rechtlichen Unterschied, aus welchen Gründen bzw. Motiven ein Österreicher in einem völkerrechtswidrigen Angriffs- und Vernichtungskrieg deser­tiert ist? Sind die Wehrmachtsdeserteure Ihrer Meinung nach aus einer fremden Armee desertiert?

5. Bedurfte es in den Jahren 1938 - 1945 nicht eines viel höheren Maßes an Mut zu desertieren, als in der Wehrmacht zu bleiben?

6. Mit welchem Urteil musste ein Wehrmachtsdeserteur rechnen, wenn er sich der Wehrmachtsjustiz gegenüber mit dem Argument verantwortet hat, er habe sich „gegen die nationalsozialistische Herrschaft“ gerichtet bzw. er sei „Gegner des Nazi-Regi­mes“?

7. Teilen Sie die „Sorge“ Ihres Koalitionspartners und der Bundesministerin für Justiz um eine vermeintliche „Zwangsbeglückung“ der Betroffenen bzw. deren Hinterbliebe­nen bei einer amtswegigen Urteilsaufhebung von NS-Unrechtsurteilen?

8. Werden Sie sich als Bundeskanzler dafür einsetzen, dass es – wie von den Betrof­fenen und Bundespräsident Dr. Heinz Fischer gefordert – einen eindeutigen, unmiss­verständlichen, kollektiven Akt des Gesetzgebers geben wird? Wenn ja, welche Vor­bereitungen werden von Ihnen getroffen? Ihre Pressesprecherin kündigte gegenüber dem „Falter“ eine „Geste“ des Gesetzgebers an. Welche konkreten Pläne hat die Bundesregierung für die Opfer der NS-Militärjustiz im „Gedankenjahr 2005“?

9. Werden Sie bzw. die Bundesregierung dem Nationalrat ein Gesetz zur Beschluss­fassung vorlegen, dessen erklärtes Ziel es ist, mittels Rehabilitierung Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz herzustellen und nicht den Anschein eines Gnadenaktes zu erwecken, weil es nicht um die Amnestierung eines begangenen Unrechts, sondern um die Anerkennung des Unrechtes der NS-Militärjustiz geht?

10. Warum ehrt die Republik einerseits den militärischen Widerstand von Offizieren wie Bernardis, Szokoll und anderen, der darin bestand, kein weiteres Unrecht durch Natio­nalsozialismus und Wehrmacht zuzulassen, respektiert aber andererseits Fahnenflucht und Desertion von einfachen Soldaten nicht entsprechend als den „Widerstand des kleinen Mannes“?

11. Entspricht es den Tatsachen, dass seitens der Bundesregierung eine bloße Wie­derverlautbarung des Aufhebungs- und Einstellungsgesetz 1945 und der Befreiungs­amnestie 1946 sowie eine sogenannte „authentische Interpretation“ geplant sind?

12. Mit einer Wiederverlautbarung und einer Interpretation ist es nicht getan, weil beide genannten Gesetze Ihrem Wortlaut nach teilweise sowohl zu weit als auch zu kurz greifen, was durch Auslegung nicht zu beseitigen ist. Insbesondere sind die Vorschrif­ten für neue Strafverfahren bei Mischurteilen so nicht zu gebrauchen (neue Haupt­verhandlung). Werden Sie sich dafür einsetzen, dass aus genannten Gründen ein umfassendes, neues Gesetz über die Rehabilitierung von Opfern der NS-Strafjustiz zur Beschlussfassung kommt, das unter Einbeziehung der Rechtslage nach den beiden


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