Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 135

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

teure und andere Opfer der NS-Militärjustiz, die damals dort anwesend waren, waren geradezu erschlagen von dem Erkenntnis, das uns da präsentiert wurde, nämlich das Erkenntnis, das man wie den Phönix aus der Asche gezogen hat, nämlich ein Gesetz aus dem Jahre 1946, die so genannte Befreiungsamnestie, wobei man gesagt hat: Dieses Gesetz gilt!

Wir haben es zwar jetzt erst, vor zwei Monaten, entdeckt, dass dieses Gesetz gilt, aber es gilt seit 1946. Kein Richter, kein Staatsanwalt, kein Justizbeamter in dieser Republik hat bis zu diesem Tag gewusst, dass dieses Gesetz auch auf diese Opfergruppen vermeintlich anzuwenden ist. Aber wir sagen: Jetzt gilt es! Erinnern Sie sich an damals, Herr Präsident? (Präsident Dr. Khol: Ja!) Sie haben auch, wenn ich das jetzt so salopp sagen darf, große Augen gemacht, weil das nicht der Erwartung entsprochen hat.

Sie, Herr Präsident Khol, haben damals ganz klar gesagt: Unrecht muss wieder gutge­macht werden! Sie haben sich – und diesen Eindruck hatte ich damals sehr stark – mit den Erkenntnissen auseinander gesetzt, mit dem, was in dieser Forschungsarbeit drinnen steht.

Seit dem Juni 2003 ist es wie ein Perpetuum Mobile, dass diesen Opfern – denken Sie daran: 1945 ein Opfer der NS- Militärjustiz gewesen zu sein, bedeutet, dass man heute jedenfalls rund um 80 Jahre alt ist; die Opfer, die ich in den letzten Jahren kennen gelernt habe, sind alle jenseits der 80, 90 Jahre – gesagt wird: Wenden Sie sich an die österreichischen Gerichte! Bringen Sie einen Antrag ein! Es wird dann im Einzelfall ge­schaut, ob die Befreiungsamnestie – lassen Sie dieses Wort auf der Zunge zergehen – gelten soll oder nicht!

Da kann ich nur sagen: Das ist eine Art von Kaltschnäuzigkeit bei einer juristisch spitz­findigen Argumentation, wo es mir als Juristin kalt über den Rücken läuft, wenn ich so etwas höre. Aber das war so! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Initiative der Grünen war damals, sofort einen Gesetzesantrag einzubringen, in dem gefordert wird, dass das geklärt werden muss. Das Beispiel, Herr Klubobmann Molterer, ... (Abg. Mag. Molterer: Warten Sie einmal ab!) Ich warte schon so lange, Herr Mag. Molterer! (Abg. Mag. Molterer: Warten Sie 5 Minuten!) Ich warte seit Jahren darauf, dass etwas passiert. Ich kann noch warten, aber ich möchte Ihnen sagen, was hier notwendig ist. Das ist mein Punkt, Herr Mag. Molterer, weil ich mich schon so lange damit beschäftige.

Aber nicht ich allein beschäftige mich damit, da gibt es Forscher, Forscherinnen, große Gruppen, da gibt es ein Personenkomitee, da gibt es die Betroffenen selbst, die sich organisiert haben und die seit drei Jahren zu den Institutionen betteln gehen, um zu ihrem Recht zu kommen, nämlich dazu zu kommen, dass es in diesem Land Recht und nicht Gnade für Opfer der NS-Militärjustiz und Deserteure gibt. Das ist der Punkt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Obwohl es darüber jetzt schon eine fast dreijährige Auseinandersetzung im Justizaus­schuss gibt – diese Anträge sind wie Wanderpokale: vertagt, das nächste Mal wieder auf der Tagesordnung, nichts passiert, zig Gespräche mit dem damaligen Minister Haupt, mit dem Justizministerium, mit den Fraktionssprechern, aber alles vergeblich –, gibt es noch immer keinen Akt, der dieses Unrecht auch nur in Ansätzen zu benennen versucht, geschweige denn, es wieder gutzumachen. (Abg. Dr. Fekter: Das stimmt nicht!)

Herr Mag. Molterer, es hat erst vor einigen Wochen derjenige Jurist, der sich in Öster­reich am allerlängsten mit Fragen der NS-Militärjustiz beschäftigt hat, nämlich Univ.-Prof. Dr. Reinhard Moos aus Linz, einen Gesetzesvorschlag neu formuliert. Es ist kein Gesetzesvorschlag der Grünen, sondern es ist ein Vorschlag von Dr. Moos, einer


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite