Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 139

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Gleichzeitig sollte bei dieser Gelegenheit natürlich den Opfern der NS-Militärjustiz und ihren Familien die Hochachtung unserer Republik ausgesprochen werden.

Wie Sie natürlich wissen, wird dieser Fragekomplex derzeit auf parlamentarischer Ebe­ne behandelt und ist – wie ich höre – auf gutem Wege. Ich unterstütze diese Bemühun­gen ausdrücklich und erkläre meine Bereitschaft, die allenfalls benötigte Expertise des Bundeskanzleramtes in diese Verhandlungen einfließen zu lassen.

Zur Frage 9:

Die Dringliche Anfrage geht von einer Fehlinterpretation aus, wenn behauptet wird, dass im Sinne des Aufhebungs- und Einstellungsgesetzes sowie der Befreiungs­amnestie zur Aufhebung von Urteilen eine gerichtliche Entscheidung notwendig ist. Ich möchte überdies darauf verweisen, dass es sich bei § 7 der Befreiungsamnestie, wie sich auch aus der Erläuterung zu diesem Gesetz ergibt, ausdrücklich nicht um eine Amnestiebestimmung handelt. Dem Gesetzgeber der Befreiungsamnestie ging es nicht um einen – von den Betroffenen zu Recht als unzumutbar abgelehnten – kollektiven Gnadenerweis für die Verurteilten, sondern um ein klares Zeichen der Abgrenzung von einer Unrechtsjustiz, an deren Rechtsakte sich das wiedererstandene Österreich ge­rade in Fällen der Militärdelikte nicht mehr gebunden sah.

Zur eigentlichen Frage möchte ich darauf hinweisen, dass die in dieser Dringlichen Anfrage aufgeworfenen Fragen im Justizausschuss einer eingehenden Beratung unter­zogen werden und ich davon ausgehe, dass dort eine Initiative gesetzt wird, die einer­seits die Rechtswirkungen der genannten Gesetze eindeutig klarstellt und andererseits ein Symbol der Anerkennung des Unrechtes der NS-Militärjustiz ist.

Zur Frage 10:

Der Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Justiz folgend wurden alle Un­rechtsurteile durch das Aufhebungs- und Einstellungsgesetz 1945 sowie durch die Befreiungsamnestie 1946 ex lege aufgehoben. Insofern unterscheidet sich, wie immer wieder verkannt wird, die österreichische Rechtslage deutlich von der deutschen. Abgesehen von der rechtlichen Situation stehe ich einer Anerkennung der Opfer des NS-Regimes einschließlich der Opfer der NS-Militärurteile positiv gegenüber.

Zur Frage 11:

Ich verweise auf die Beantwortung zur Frage 9, wonach ich davon ausgehe, dass im Justizausschuss entsprechende Schritte im Sinne der von den Anfragestellern inten­dierten Art beschlossen werden.

Zur Frage 12:

Zu dieser Frage möchte ich auf die Rechtsausführungen in der Studie von Thomas Grünewald, der im Zuge seiner Forschungen erst auf die bis dahin weitgehend un­bekannte Befreiungsamnestie 1946 gestoßen ist, verweisen. Grünewald führt darin unter anderem aus, dass die Befreiungsamnestie anders als das Aufhebungs- und Einstellungsgesetz Urteile der Militär- und SS-Gerichte ausnahmslos und vollständig beseitigt und damit auch die von diesen Gerichten mit verurteilten allgemeinen Straf­taten erfasst.

Zur Frage 13:

Wie ich bereits betont habe, sehe ich keine zwingende rechtliche Notwendigkeit, über die bestehenden Gesetze hinaus gehende legislative Schritte zu setzen, weil Professor Moos selbst schreibt, dass deutlicher hervortreten muss, dass den Gerichten nur die protokollarische Funktion zukommt, den Antragstellern zu bescheinigen, dass die fragliche Verurteilung kraft Gesetzes aufgehoben ist. Ich spreche mich aber selbst-


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