Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 143

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Deserteure hat das Nazi-Regime geschwächt, und das war für viele Menschen das Beste, was sie in dieser Situation tun konnten.

Bis heute wird ihnen nur Amnestie geboten. Amnestie ist nicht Anerkennung, Amnestie ist die Vergebung eines Verbrechens. (Abg. Scheibner: Da haben Sie dem Herrn Staatssekretär nicht zugehört!) Die Republik Österreich signalisiert mit dem Wort „Amnestiegesetz“ nach wie vor an die Deserteure und an viele andere: Wir vergeben euch eure Schuld (Staatssekretär Morak: Das stimmt nicht! – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter), aber nicht: Wir erkennen an, dass ihr einen Beitrag zur Schwächung der verbrecherischen Wehrmacht und des verbrecherischen Nazi-Regimes geleistet habt! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Bei anderen haben sich frühere Bundesregierungen leichter getan. (Abg. Brosz – in Richtung ÖVP und Freiheitliche –: Da hätten Sie auch klat­schen können!) So hat etwa während seiner Haft in Italien Walter Reder eine Rente als Kriegsopfer von der Republik Österreich bezogen. Über diesen Walter Reder hat 1985 der Kärntner Landeshauptmann – immer noch derselbe Kärntner Landeshauptmann – wörtlich erklärt:

Walter Reder war Soldat wie Hunderttausende andere auch. Er hat seine Pflicht erfüllt, wie es der Eid des Soldaten gebietet. – Zitatende.

Da gibt es Anerkennung, da gibt es eine Rente, da gibt es Geld – für einen Massen­mörder! Für einen Massenmörder, der für den Mord an tausend Widerstandskämpfern und Zivilisten und Zivilistinnen in der italienischen Ortschaft Marzabotto verantwortlich ist! Das wissen die Opfer des Nationalsozialismus, die wirklichen Opfer des Nationalso­zialismus: wer geehrt worden ist, wer eine Rente bekommen hat, für wen gesorgt wor­den ist und auf wen vergessen worden ist. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Das ist genau der Punkt, an dem längst eine Rehabilitierung, längst eine Entschuldi­gung, längst für die wenigen, die noch einen Anspruch selbst formulieren können, eine finanzielle – es ist ja nicht Wiedergutmachung –, eine kleine finanzielle Leistung der Republik nötig wäre. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Fekter: Sie kennen die gel­tende Rechtslage nicht!)

Jetzt ganz kurz noch zu den Ortstafeln. – Heute wurde von Bundeskanzler Schüssel der Versuch unternommen, den Anteil der Ortstafeln, die der Verfassungsgerichtshof vorschreibt, um 0,8 Prozent zu erhöhen. Das ist die Gesamtleistung der österreichi­schen Bundesregierung zur Erfüllung des Staatsvertrages nach 50 Jahren Verfas­sungsbruch: 0,8 Prozent mehr! Ein Drittel dieser 0,8 Prozent wurde falsch geschrieben. Heute in der Früh, als bereits der Bundeskanzler dort war, mussten Beamte mit Klebe­bändern anrücken, um das Z mit einem Hatschek zu versehen. Das ist Staatsvertrags­politik im Jahr 2005! So ernst nehmen Sie es! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Am Abend vorher gibt es einen kleinen lokalen Protest, und daraufhin sagt der Kärnt­ner Landeshauptmann den geplanten Festakt in Neuhaus ab, einfach so, weil – Herr Staatssekretär, auch Sie haben es bestätigt – jeder, der sich in Kärnten „Abwehrkämp­fer“ nennt, de facto ein Vetorecht hat. Was Sie Konsens nennen, ist nichts anderes als das Vetorecht für Ewiggestrige, und dieses Vetorecht für Ewiggestrige wird genutzt.

Wissen Sie, wer die Ewiggestrigen sind, die die Konsenskonferenz blockieren? – Nicht einmal mehr der Kärntner Heimatdienst, der Abwehrkämpferbund und die Ulrichsberg­gemeinschaft. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Meine letzte Bemerkung dazu – damit klar ist, dass es diesmal nicht nur um zwei frei­heitliche Parteien und um eine Österreichische Volkspartei geht –: Der Sprecher dieser beiden Organisationen, der Blockadeführer in der Frage Ortstafeln, heißt Rudolf Gal-


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