unter Umständen
auch 1938 am Heldenplatz gestanden sind, und jenen, die heute –
60 Jahre nach Kriegsende – noch immer nicht gelernt haben, was
Demokratie und demokratische Gesinnung ist. Dieser Unterschied ist wichtig,
dieser Unterschied ist entscheidend, und dieser Unterschied sollte auch der
Grundkonsens für alle politischen Handlungen des österreichischen Parlaments
heute und in Zukunft sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht aber auch nicht an, dass man Handlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, einfach negiert; dass man zum Beispiel einfach negiert, dass das Sozialministerium in den letzten fünf Jahren – davon habe ich viereinhalb Jahre die Ehre gehabt, das Sozialministerium zu führen – keinen einzigen Fall, der an uns herangetragen worden ist und der für eine Berücksichtigung gemäß dem Opferfürsorgegesetz in Frage gekommen ist, abgelehnt hätte.
Das ist eine grundsätzlich andere Haltung als die, die Amtsvorgänger – etwa der Sozialdemokratie in der Zeit vor der Regierung Schüssel I – an den Tag gelegt haben.
Ich glaube daher, dass es sehr wohl auch ansteht, in dieser
Situation und in dieser Diskussion nicht zu verschweigen, dass die Gesetze,
die 1945, 1946 und 1947 vom ersten frei gewählten, demokratischen
österreichischen Parlament der
Zweiten Republik beziehungsweise vom provisorischen Parlament beschlossen
worden sind, richtungsweisend für die Erledigung der Problematik waren, mit
der wir heute beschäftigt sind.
Als Österreicher
kann man auch nicht übersehen, dass Österreich bereits zu einem Zeitpunkt
begonnen hat, die dunklen Stunden unserer Vergangenheit und die Verbrechen des
Nationalsozialismus aufzuarbeiten, als man in der Bundesrepublik Deutschland
dazu nicht
bereit war, und dass auch die Anzahl der in Österreich durch die
Volksgerichte Verurteilten in der Relation zur Bevölkerung bedeutend
gewichtiger ist als die der Verurteilungen, zu denen es in der
Bundesrepublik Deutschland aus dem gleichen Grund gekommen ist.
Es ist auch nicht
zu übersehen, dass sehr viele, die in der damaligen Zeit Spitzenfunktionen –
auch in den Tötungsmaschinerien der Nazis – innegehabt haben, durch demokratische
Parteien – und die Sozialdemokratie hat das ja für ihre Partei erst jüngst
aufgearbeitet – Schutz bekommen haben.
Für mich als
Jugendminister waren und sind die Ereignisse am Spiegelgrund eine Tragödie
besonderer Art. Für mich ist und war es auch immer eine besondere Tragödie,
weil ich als kleines Kind, als mein Vater im Landesnervenkrankenhaus Hall war,
noch bewusst erleben durfte, wie die damalige Bevölkerung behinderten Kindern
noch immer unter dem Eindruck der Indoktrinierung des Dritten Reiches
gegenübergestanden ist. Es war gut, dass alle, die damals verstorben sind,
obduziert werden mussten, um Übergriffe – versteckte und nicht
versteckte – aufzuklären und ahnden zu können.
Unsere Demokratie
ist einen langen Weg gegangen. Auf diesem langen Weg haben wir schmerzliche
Auseinandersetzungen in den Familien, zwischen den Familien, zwischen den
Generationen und innerhalb der Generationen mitmachen müssen.
Ich bin aber zutiefst davon überzeugt, dass das Handlungspaket, das heute hier von Seiten der beiden Regierungsparteien auf den Tisch gelegt wird, ein gutes Paket ist, das wir dann bestmöglich als Vier-Parteien-Einigung umsetzen können und wollen.
Ich bin aber auch der Meinung, dass nicht ausschließlich die Fragen der Vergangenheit auch die Fragen der Zukunft dieses Staates sein können, denn auch die ältere Generation hat ein Anrecht darauf, dass es als Fortschritt anerkannt wird, wenn sie sich zu Demokraten gewandelt hat, und dass nicht immer nur die Anfänge ihrer Existenz in den Vordergrund gestellt werden, sondern dass auch ihre demokratische Weiterent-