Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 148

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Kollege Schieder!) Ich habe mich bei der Parlamentsdirektion erkundigt. Er hat es noch nicht formell zurückgelegt. Bedauerlicherweise haben beide noch immer ihr Mandat.

In dieser Situation sollte es aber meiner Meinung nach keine Koalitionserhaltungsrück­sicht mehr geben. So wie Sie es richtig gesagt haben: In dieser Frage darf man nicht parteipolitisch, sondern muss man staatspolitisch handeln. (Abg. Rossmann: In vielen Fragen sollte man staatspolitisch handeln!)

Wenn ein Klub nicht will, dann müssen es eben die drei anderen tun. Das erwarten wir von Ihnen, Herr Klubobmann Molterer, das erwarten wir vom Bundeskanzler Schüssel als Parteiobmann, und das erwarten wir auch von den Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP.

In Deutschland ist die Rehabilitierung bereits erfolgt. Dort kämpft die Bundesvereini­gung der Opfer der NS-Militärjustiz in diesen Tagen nur mehr um einen Platz, wo sie für ihre Opfer die Blumen niederlegen können.

Ihre österreichischen Kollegen haben beides nicht: weder das Grabmal des unbekann­ten Deserteurs noch die Ehrenrettung. Der normale Staatsbürger würde sagen, dass es zum Schämen ist oder zum laut Schreien. Für die Regierung, Herr Staatssekretär, und für uns Parlamentarier besteht eine weitere Möglichkeit: Handeln wir! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.13


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


16.14.01

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Schieder, Sie haben in Ihrem letzten Satz gesagt, dass es zu handeln gilt. Das haben die Regierungsfraktionen heute gemacht, indem sie einen gemeinsamen Antrag zur in Diskussion stehenden Problematik eingebracht haben.

Ich glaube nicht, dass es gerechtfertigt ist, unkritisch allein die Haltung von Historikern als Haltung des gesamten Hohen Hauses zu übernehmen, denn das würde bedeuten, dass das österreichische Parlament nur mehr ausschließlich historische Dokumente umsetzen würde und nicht die Meinung der politischen Vertreter – der gewählten Volksvertreter – durchsetzen würde. Das wäre eine Haltung, die meiner Ansicht nach mit unserer Verfassung und mit unseren demokratischen Grundregeln nicht in Einklang zu bringen ist. Es handelt sich bei solchen Dokumenten um entsprechende Hilfs- und Unterstützungsdokumente für das Handeln des Parlaments, die aber nicht statt der Meinungen des Parlamentes betrachtet werden können.

Darauf lege ich als frei gewählter Abgeordneter in diesem Hohen Hause großen Wert. In der Demokratie macht nicht die Wissenschaft die Gesetze, sondern die gewählten Abgeordneten, und so soll es auch aus gutem Grund bleiben, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es gibt gar nichts daran zu deuteln, dass nicht nur in den letzten Tagen, sondern auch in den vergangenen Jahren Äußerungen von manchen Amtsträgern in dieser Republik getätigt wurden, die inakzeptabel und für einen Demokraten nicht adäquat waren. (Bei­fall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich komme auch aus einer Familie, in der Nationalsozialisten genauso zu finden waren wie Sozialdemokraten und Christlichsoziale. Es ist für mich daher keine Frage, klar zwischen jenen zu unterscheiden, die unter dem falschen Glauben an die Diktatur


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