Kärnten. Man sollte klar sagen: Es ist natürlich in höchstem Maße wünschenswert, die Rechtsunterworfenen oder die Beteiligten, im Fall Kärnten alle Beteiligten, an einen Tisch zu bekommen, um eine Lösung zustande zu bringen. Das bestreiten wir nicht. Wir müssen aber auch sehen, dass wir Recht nicht ausschließlich davon abhängig machen können, ob diejenigen, die es nicht wollen, vielleicht doch bereit sind, es zu akzeptieren. Es gibt dann irgendwann einmal einen Punkt, an dem man beginnt, den Rechtsstaat als solchen in Frage zu stellen, und dieser Punkt ist nahe. Daher sollten wir hier zu einer Lösung kommen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Lassen Sie mich, meine sehr geehrten Damen und Herren, Bezug nehmen auf das, was wir gestern hier in diesem Hohen Haus beschlossen haben. Wir haben gestern die EU-Verfassung nahezu einstimmig ratifiziert, und diese Verfassung – und das ist von allen Rednern, die zum Inhalt der Verfassung gesprochen haben, zum Ausdruck gebracht worden – zeichnet sich dadurch aus, dass sie sehr, sehr stark auf Werten basiert, auf Werten, die uns in Europa über die Staatsgrenzen hinweg gemeinsam sind. Es sind Werte wie Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit, Wahrung der Menschenrechte, einschließlich der Rechte von Personen, die Minderheiten angehören.
Warum, meine sehr geehrten Damen und Herren, spreche ich das
an? – Weil wir darauf achten müssen, konsistent zu bleiben in dem, was
wir in diesem Hohen Hause tun und
beschließen. Wir können uns nicht an einem Tag vollmundig zu den Werten, auf
denen Europa basiert, bekennen und am nächsten Tag da Zweifel zulassen.
Ich möchte Ihnen ein
hypothetisches Beispiel vorführen. Die Frage ist: Wie würden wir das Handeln
von Menschen beurteilen, die diesen Werten verbunden sind und gezwungen
werden, in eine Armee einzutreten, die andere Länder überfällt und verwüstet?
Wie würden wir das Verhalten von Menschen beurteilen wollen, was würden wir uns
wünschen, wie diese Menschen handeln, wenn die Armee, in die sie gegen ihren
Willen eingezogen werden, zwangsweise eingezogen werden wie alle, wenn diese
Armee die Menschenrechte mit Füßen tritt? Und wie würden wir wollen, dass Menschen
sich verhalten, wenn diese Armee nicht ihre eigene Armee ist, sondern es außerdem
noch eine Okkupationsarmee ist, die Armee eines Landes, die das eigene Land
besetzt hat und in die dann – in dem Fall Österreicher – eingezogen
und zum Militärdienst gezwungen sind, wie würden wir wollen, dass die sich
verhalten? – Natürlich ist die spannendere Frage die, wie wir uns
vorstellen, dass eine Diktatur von Anfang an vermieden und verhindert wird.
Überhaupt gar keine Frage! Aber was ist, wenn der Punkt erreicht ist? Was ist
dann? Sind wir dann der Meinung, diese Menschen, die in diese Armee eingezogen
werden, sollen die Zähne zusammenbeißen und ihren Dienst ableisten – egal,
was sie sehen, egal, welche Rechtsbrüche sie im Namen eines diktatorischen und
verbrecherischen Regimes mit begehen müssen? Oder sind Sie bereit anzuerkennen,
dass es notwenig sein kann, hier anders zu handeln?
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass es heute offenbar auch von den Regierungsparteien eine Initiative in die richtige Richtung gibt. Ich möchte das gar nicht verschweigen. Ich denke jedoch, wir sollten nicht nur in Bezug auf die Vergangenheit agieren und überlegen, sondern es muss uns klar sein – da hat Kollegin Moser vollkommen Recht gehabt –, dass wir eindeutige Signale senden müssen. Wir dürfen nicht nur an Tagen wie gestern von den Werten, auf denen Europa beruht, reden, sondern es muss uns auch klar sein, dass wir den Maßstab, den wir gestern angelegt haben, auch heute gültig sein lassen wollen. Und das heißt, dass wir denen, die diesem Maßstab entsprechend gehandelt haben, auch deutlich machen müssen, dass sie zu den Opfern zählen und nicht zu den Tätern, und daher müssen wir ihnen auch etwa im Rahmen der Anerkennung im Rahmen des Opferfürsorgegesetzes den