Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 171

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rinnen und Mitarbeiter gefunden haben – und sind auch immer bemüht, Ihre Anfragen, beziehungsweise die Anfragen des Hohen Hauses ganz generell, sehr sachlich und sehr umfassend zu beantworten.

Aber ich darf auch hier Folgendes anmerken: Sie haben in Ihrer Anfrage so viele Anwürfe gemacht, für deren umfassende Entkräftung im Sinne Ihrer Anfrage allerdings Details der Erhebungen und der Beweisaufnahmen mit berücksichtigt werden müss­ten – und deren Bewertung steht mir als Justizministerin nicht zu, sondern deren Be­wertung kommt ausschließlich den Geschworenen beziehungsweise dem Gericht zu.

Ich darf auch darauf hinweisen, dass die Erwägungen, die die Staatsanwaltschaft Linz nach der, wie Sie ja wissen, genehmigten Wiederaufnahme des Verfahrens zur Ein­bringung einer neuerlichen Anklage gegen Herrn Tibor Foco wegen Mordes veranlasst hat, in einer über 60 Seiten starken Anklageschrift ausführlich dargelegt sind, und diese 60 Seiten starke Anklageschrift hat auch einer ausführlichen – und die war wirk­lich sehr ausführlich! – Überprüfung durch das Oberlandesgericht Linz – sprich: durch ein unabhängiges Gericht – standgehalten.

Das Oberlandesgericht Linz hat in seinem Beschluss vom 30. August 2000 ausgeführt, dass sich die Anklageschrift durchaus nicht punktuell und isoliert auf bestimmte, eben nur Herrn Tibor Foco belastende Indizien stützt, sondern eine Gesamtschau aller Be­weisergebnisse durchgeführt wurde – freilich auch unter Berücksichtigung der neues­ten Erkenntnisse –, und das Oberlandesgericht Linz ist zu dem Schluss gekommen, dass unter Berücksichtigung all dieser Ergebnisse und all dieser Ausführungen eine Verurteilung in einem weiteren Prozess gegen Herrn Tibor Foco wahrscheinlicher erscheint als ein Freispruch – sonst hätte ja die Anklage nicht halten können.

Die zweifellos vorhandenen – und da stehe ich auch nicht an, das auch anzuerkennen, und Sie haben das in Ihrer Anfrage auch sehr ausführlich dargestellt – gegensätzlichen Verhandlungsergebnisse und vor allem auch Ermittlungsergebnisse müssen aber letzt­endlich einer beweiswürdigenden Beurteilung durch ein erkennendes Gericht unter­zogen werden, das eben nach höheren rechtsstaatlichen Garantien – ich nenne hier: Mündlichkeit, Öffentlichkeit und Unmittelbarkeit – zu einem urteilsförmigen – also zu einem Urteil – und umfassend kontrollierbaren Ergebnis kommen wird.

Die gegen die Anklage eingewendeten entlastenden Umstände erfordern sicherlich einen diffizilen und umfassenden, profunden Akt der Beweiswürdigung – das ist sicher der Fall –, an dessen Ende aber nicht der Spruch einer Justizministerin, sondern an dessen Ende für mich dann der Wahrspruch der Geschworenen stehen muss. – Ich glaube, darin sind wir uns ja einig. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Gabriela Moser: Ja, ja, bitte ...!)

Die von Ihnen auch in Ihrer Anfrage immer wieder angeführten Kritikpunkte und Be­hauptungen sind jedoch nicht von solch evidentem entkräftenden Gewicht, dass sie einer Anklage den Boden entziehen würden. So haben wir derzeit den Zustand, dass die Anklage nach wie vor rechtskräftig aufrecht ist.

Diese Anmerkungen oder Anregungen mögen zwar teilweise einen Kontrapunkt zur Sachverhaltsschilderung der Anklageschrift bilden – das ist auch richtig, das erkennen wir auch an –, doch konnte eine Auflösung dieses bestehenden Spannungsfeldes, wie es üblicherweise im kollegialgerichtlichen Verfahren regelmäßig vorkommt, eben nicht im Wege des Anklageeinspruches gefunden werden. Hier hat vielmehr das OLG Linz, wie ich schon ausgeführt habe, diese Anklage bestätigt. Dies eben deshalb, weil eine abschließende beweiswürdigende Beurteilung dem erkennenden Gericht vorbehalten ist und dem Einspruchsverfahren, ebenso wie auch im Rahmen der Bewilligung einer Wiederaufnahme, eben nicht vorgegriffen werden darf. Und das ist genau das Span­nungsverhältnis, in dem wir uns hier bei dem Fall Tibor Foco befinden.

 


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