Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 172

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Vor allem hat das Oberlandesgericht Linz in dieser Ausführung auch darauf hingewie­sen, dass die zum Zeitpunkt der Bewilligung der Wiederaufnahme noch nicht vorgele­genen neuen Gutachten Herrn Tibor Foco in einem noch deutlicheren Ausmaß belas­ten, als dies in früheren Verfahrensschritten der Fall gewesen ist. – Da gibt es eben – das kennen Sie sicher, Frau Abgeordnete – dieses Gutachten über die Hundehaare, Nagellackspuren und die Schmauchspuren.

Weiters betont das Oberlandesgericht auch, dass sich die Anklageschrift sehr plausibel auch mit den Tatmotiven auseinander gesetzt hat.

Auch eine abschließende Bewertung der Aussagen insbesondere einiger Zeuginnen bedarf einer umfassenden und in die Tiefe gehenden Beweiswürdigung auf Grund unmittelbaren Eindrucks von diesen Zeuginnen durch – wiederum – das erkennende Gericht.

Zusammenfassend kommt das Oberlandesgericht Linz – und ich betone immer wieder: das ist ein unabhängiges Gericht!; das ist jetzt nicht die Staatsanwaltschaft, weil mir ja immer gesagt wird, dass ich mit Weisungen agieren muss, sondern das ist ein unab­hängiges Gericht, das die Anklage der Staatsanwaltschaft überprüft hat! –, also ein unabhängiges Gericht, im Verfahren zur Anklageüberprüfung zu dem Schluss, dass die Schlussfolgerungen der Staatsanwaltschaft eine Verurteilung Tibor Focos wegen der beiden angelasteten Delikte als wahrscheinlicher erachten lassen als dessen Frei­spruch. – Das ist die Grundlage, auf der wir hier agieren.

Sie haben jetzt auch angesprochen, dass wir die Vorwürfe gegen die Polizei, gegen die Ermittlungsorgane nicht überprüft hätten. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass diese Vorwürfe schon seit dem Jahr 1988 bestehen und diese Vorwürfe selbstverständlich von der Staatsanwaltschaft damals, wo es ja unmittelbar einen näheren Zusammen­hang zur Tat gab, geprüft wurden und keine Bestätigung der Vorwürfe gemacht werden konnte.

Sie haben auch den Richter angesprochen. Auch dazu gab es im Jahr 1996 bereits eine Anfrage des Hohen Hauses. Das Disziplinargericht hat diesen Fall überprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass keine Maßnahmen zu treffen sind.

Sie haben auch angefragt, wie meine Position dazu ist, dass die Angelegenheit von der Staatsanwaltschaft Linz praktisch zu irgendeiner anderen Staatsanwaltschaft – ich nehme nicht an, dass Sie eine Präferenz für eine bestimmte Staatsanwaltschaft ha­ben – weitergeleitet werden möge.

Dazu darf ich ausführen: Zuständig für die Frage der Delegierung dieser Aufgaben an eine andere Staatsanwaltschaft ist der OGH. Es ist so, dass der OGH immer wieder betont hat, dass jedem Staatsbürger das Recht auf seinen zuständigen Richter zu­steht. Nur wenn es ganz besondere Argumente gibt, kann man von diesem Grundrecht auf den gesetzlichen Richter auch abweichen.

Nach den mir vorliegenden Informationen finde ich eine derartige Argumentation nicht. Es steht aber dem Verteidiger des Herrn Tibor Foco selbstverständlich frei, mit den aus seiner Sicht schlüssigen und nachvollziehbaren Argumenten an den OGH heranzutre­ten und eine Delegierung zu erreichen.

Für mich ist es auch wichtig, dass seit der Rechtskraft dieser zweiten Anklage – das ist jetzt doch schon eine geraume Zeit her – keine Änderung der maßgeblichen Beweis­lage eingetreten ist. Daher besteht für mich als Justizministerin beziehungsweise für das Justizministerium kein Anlass, die Anklagebehörde zur Zurückziehung der Anklage anzuweisen. Dies würde vielmehr für mich ein unzulässiges Eingreifen oder Vorgreifen einer gerichtlichen Entscheidung über die Anklagebestätigung bedeuten.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite