Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 112. Sitzung / Seite 38

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Nein in unseren Augen nicht direkt mit der Verfassung verknüpft war, sondern es war Ausdruck von Kritik an einer unsozialen – und auch unökologischen – Politik der Re­gierungen der beiden betroffenen Länder, aber auch zahlreicher anderer Regie­run­gen in Europa (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Rot-Grün in Deutschland!), auch der öster­reichi­schen Bundesregierung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Kritik an dieser unsozialen Ausrichtung vieler Regierungen und auch der euro­päischen Politik war es vor allem, die den Ausschlag gegeben hat. Und da stimmt es schon, dass auch die österreichische Bundesregierung an dieser Politik mit beteiligt war, denn wie auch schon meine Vorrednerin Eva Glawischnig gesagt hat: Auch die österreichische Bundesregierung war ein Vorreiter dafür, neoliberale Elemente im dritten Teil dieser Verfassung zu verankern.

Im ersten Teil steht nämlich die Vollbeschäftigung drinnen, steht die soziale Markt­wirtschaft drinnen. Und was Sie, mit allen anderen Regierungen, dann bei der Regie­rungskonferenz getan haben, war, das alles abzuschwächen – nicht nur abzu­schwächen, sondern in eine andere Richtung zu lenken, nämlich dann nur noch die freie Marktwirtschaft hineinzuschreiben. Von „sozial“ war dann keine Rede mehr!

Irgendwann einmal hat einer Ihrer vielen Vorgänger – Herr Dr. Riegler war das meiner Erinnerung nach – sogar noch von einer ökologischen und sozialen Marktwirtschaft gesprochen. (Ruf bei der ÖVP: Öko-sozial!) Bei Ihnen, Herr Bundeskanzler, und in der Regierung, die von Ihnen angeführt wird, ist davon nicht mehr die Rede! Und Sie haben es auch nicht geschafft, innerhalb der Regierungskonferenz darauf zu pochen, dass diese Elemente im dritten Teil der Verfassung verankert werden. Nein, Sie haben das verabsäumt!

Genauso ist es beim Punkt Vollbeschäftigung: Im ersten Teil ist er drinnen. Im dritten Teil steht dann nur mehr: ein hohes Beschäftigungsniveau. – Auch das haben Sie mit zu verantworten. Und wenn Sie und auch Herr Klubobmann Molterer jetzt sagen, wir müssen Linie halten und nur weitermachen und nichts neu machen, dann kann ich dazu nur sagen: Bei dieser Linie, Herr Bundeskanzler, gehen die Grünen nicht mit! Die Grünen gehen bei einer Linie mit, die heißt: Ja zur Verfassung, zu einer Europäischen Verfassung – aber in der Politik braucht es sehr wohl eine andere Ausrichtung. Da braucht es eine Ausrichtung, die mehr zu einer sozialen und zu einer ökologischen Politik hin geht. – Diese gibt es auf Ihrer Seite nämlich nicht.

Genauso verhält es sich mit dem Punkt Steuerharmonisierung: Der Europäische Konvent hat das ja noch vorgehabt. Doch die Regierungskonferenz hat es verhindert! Und wenn Sie jetzt sagen: Ja, weitermachen wie bisher!, dann meine ich, Herr Bun­deskanzler, das kann es nicht sein, denn das Steuerdumping, das innerhalb der EU möglich ist, hätte der Entwurf, so wie er vom Verfassungskonvent ursprünglich vor­gelegt wurde, verunmöglicht.

Das heißt, man kann jetzt nicht so weitermachen wie bisher und angesichts der Ängste und Bedenken, die es in Frankreich, in den Niederlanden und auch in anderen Ländern gibt, einfach nur sagen: Pech gehabt! Die haben halt nicht mitgestimmt. Machen wir so weiter wie bisher! – Es wird notwendig sein, so etwas wie einen neuen Konvent oder eine Fortsetzung des alten einzuberufen und genau diese sozialen Aspekte neu zu behandeln. Das wird notwendig sein, um tatsächlich der Bevölkerung mehr Vertrauen dahin gehend zu geben, dass dieses Europa eines ist, das dem Anspruch, den es hat – Soziales zu verankern, ein soziales Netz zu haben, Gerechtigkeit nicht nur inner­halb Europas, sondern auch gegenüber anderen Teilen der Welt voranzutreiben, und vor allem auch ein Friedenseuropa zu sein –, auch gerecht wird. Nur dann wir das möglich sein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


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