Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 112. Sitzung / Seite 186

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Einsatz der modernen Kommunikationsmittel schneller – nämlich nicht in drei bis vier Jahren, sondern in einem Jahr oder einem halben Jahr – abwickeln würde, wäre den Menschen, die damit geschützt werden sollen, mehr gedient. Das heißt also: Ziel ja, Umsetzung ja, aber in Zukunft vielleicht auch ein paar Gedanken dafür verwenden, wie man das effizienter gestalten könnte.

Etwas Ähnliches habe ich zur Verlängerung des Gesetzes über den Strafaufschub zu sagen. Es ist vor Jahren beschlossen worden, diesen Strafaufschub aus folgendem Grund zu ermöglichen: Die Gefängnisse in Österreich waren im Jahr 2000 zu in etwa 85 Prozent ausgelastet. Jetzt sind sie zu 100 bis 105, vielleicht sogar zu noch mehr Prozent ausgelastet. In Deutschland sind es 110 Prozent, in Griechenland 160 Pro­zent. Es ist ein europaweites Phänomen, das sich hier abspielt.

Warum ist das so? – Weil in Österreich vor allem so viele Untersuchungshäftlinge in Haft sind. Wir haben allein in Wien zirka 600 bis 800 Untersuchungshäftlinge Über­hang, die auf die Wiener Haftanstalten verteilt werden. Normalerweise kann man bei einer Reserve von 15 Prozent – also einer Auslastung zu 85 statt zu 100 Prozent – bei den verschiedenen Vollzugsarten, die wir haben – Jugendlichenvollzug, Frauenvollzug, Erstvollzug, Entlassungsvollzug, „Suchtgiftigenvollzug“ –, diese Reserven verwenden, um die Häftlinge in den jeweiligen Freiraum zu verlagern, und dort werden sie dann ihrer Vollzugsart entsprechend mit dem Ziel der Resozialisierung dem Vollzug zuge­führt.

Das geht bei einem Überbelag nicht mehr! – Jetzt ist es dazu gekommen, dass die Untersuchungshäftlinge in anderen Gefängnissen sind und die Richter hinfahren könnten oder sollten – was sie nicht tun, sondern es müssen vielmehr die Häftlinge unter Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zum Ort der Einvernahme gebracht werden.

Warum ist das so?– Es werden an einem Wochenende in Wien oft 40, 60, 80 Unter­suchungshäftlinge eingeliefert, in das Landesgericht eingecheckt, kontrolliert – es sind sehr viele Ausländer darunter; mehr als 50 Prozent der Untersuchungshäftlinge sind Ausländer –, sie werden überprüft, wer sie überhaupt sind – und dann kommt es endlich zum Pflichtverhör.

Dieses Pflichtverhör, also das erste Verhör durch den Untersuchungsrichter, hat sofort stattzufinden. Wenn nun die Untersuchungshäftlinge in einem anderen Gebäude als die Richter sind, kann man eine ordentliche Strafjustiz nicht mehr vollziehen. Und des­halb müssen wir in Wien – das sei bei dieser Gelegenheit erwähnt – ein zweites Landesgericht bauen, in dem Untersuchungshäftlinge im selben Gebäude wie jene Richter, die sie beim Pflichtverhör möglichst schnell vernehmen müssen, untergebracht werden können.

Ich verstehe nun nicht – und ich sage das nicht zum ersten Mal in diesem Hohen Haus –, dass gerade die Richter, die wissen, dass das so sein muss, dagegen sind. Das ist eine persönliche Befindlichkeit, weil man nicht will, dass es einen zweiten Landesgerichtspräsidenten in Wien gibt, weil man nicht will, dass eine Justizpolitik betrieben wird, die wirklich den Tatsachen ins Auge schaut, und weil man eben ein ungewöhnliches Beharrungsvermögen hat. Die Richter denken beharrend und kon­servativ in diesen Fragen.

Darum bitte ich die Frau Justizministerin um Unterstützung dafür, dass dieses zweite Gerichtsgebäude in Wien errichtet werden kann. Die Finanzierung ist bereits gesichert.

Dasselbe gilt – mit derselben Wichtigkeit und derselben Rangordnung – für die Beendigung der Gerichtsorganisation in Wien, die längst überfällig ist. Es befindet sich noch Justizpersonal in veralteten Gebäuden, dieses muss endlich in ein neues


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