Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 112. Sitzung / Seite 218

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wage sogar zu behaupten: ziemlich sicher – ist die Bevölkerung weiter, als Sie es sind. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass im katholischen Spanien – wenn wir hier schon die Religion hereinbringen wollen (Abg. Großruck: Eine sozialistische Regierung! Gegen die katholische Kirche!); sehen Sie, das hat auch etwas damit zu tun – die Bevölkerungsmehrheit für die Einführung der Ehe – E-H-E! – für Lesben und Schwule ist, inklusive Adoption, sogar nicht nur von Stiefkindern, sondern von fremden Kindern. Vielleicht erkundigen Sie sich einmal bei den Katholiken – nicht unbedingt bei der Volkspartei, aber bei anderen in Spanien –, wie die das wahrnehmen und warum dort so viele dafür sind.

Irgendetwas ist bei Ihnen noch nicht angekommen an Zustimmung, die es in der Bevölkerung gibt. Aber eines kann ich Ihnen schon sagen: Der Zahn der Zeit nagt auch an Ihren menschenrechtswidrigen Vorstellungen. (Abg. Öllinger: In der ÖVP!) Irgend­wann wird er diesen Widerstand, den es bei Ihnen gibt, auch zu Fall bringen. Ich hoffe, das ist bald der Fall! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

20.06


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. Ich erteile es ihr.

 


20.06.26

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Formen des familiären Zusam­menlebens haben sich im Laufe der letzten Jahrzehnte erheblich gewandelt. Auch wenn es manche auf der rechten Seite dieses Hauses nicht wahrhaben wollen: Die Ehe hat ihre Monopolstellung längst verloren und ist nur mehr eine von vielen ver­schiedenen Formen des Zusammenlebens.

Aber die Rechtsordnung ignoriert diese Tatsache und hinkt nach wie vor der gesell­schaftlichen Entwicklung hinterher, mit der Konsequenz, dass nichteheliche Lebens­gefährtinnen und -gefährten vor dem Gesetz nach wie vor als Fremde gelten. Hier spreche ich von gleichgeschlechtlichen und verschiedengeschlechtlichen Lebensge­mein­schaften, wobei es für verschiedengeschlechtliche zumindest eine fragmen­ta­rische Anerkennung gibt, wenn auch sehr oft nur zum Nachteil der Lebens­gefähr­tinnen und Lebensgefährten, etwa bei der Berechnungsgrundlage der Notstandshilfe oder anderen Sozialleistungen. Aber Faktum ist, dass sich verschiedengeschlechtliche Lebensgefährtinnen und -gefährten wie gleichgeschlechtliche in einem rechtlichen Vakuum bewegen, und das hat in der Praxis fatale Auswirkungen für die Betroffenen. Kollege Böhmdorfer hat schon anklingen lassen, dass er auch aus seiner Anwalts­praxis solche Problemfälle kennt, nur ortet er anscheinend keinen Handlungsbedarf.

Es ist schon gesagt worden, dass es kein gesetzliches Erbrecht gibt. Ich möchte das noch verdeutlichen. Auch dann, wenn die Partnerinnen und Partner schon Jahrzehnte zusammenleben, kommt früher noch das Heimfallsrecht des Staates zum Tragen, bevor der andere etwas bekommt, oder es erben irgendwelche entfernte Verwandte. Eigene Beiträge zum Aufbau des Vermögens müssten mit großen Beweisschwie­rigkeiten eingeklagt werden. Es gibt auch kein gesetzliches Vorausvermächtnis, sodass der hinterbliebene Lebensgefährte die gemeinsam bewohnte Wohnung unver­züglich verlassen müsste und auch den gesamten Hausrat zurücklassen müsste.

Ich habe in der Beratungsstelle, in der ich ehrenamtlich tätig bin, wirklich tragische Fälle gesehen, und rechtliche Hilfe für die Betroffenen gibt es kaum, sie werden zu Sozialfällen. Werden LebensgefährtInnen testamentarisch oder über Schenkung be­dacht, kann die Erbschaftssteuer bis zu 60 Prozent ausmachen. Es gibt auch keinen


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