Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 80

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ist. Dass das allgemeine Einsicht hier im Hohen Haus ist, kann einen auch mit einer gewissen Freude erfüllen, sagen wir es so offen.

Diese Blamage bleibt Österreich erspart, dass Kampl Bundesratspräsident wird, vor­ausgesetzt – noch ist es nicht so weit, das muss ich schon betonen – der Kärntner Landtag steht zu seinem Wort und erfüllt noch rechtzeitig das, was er versprochen hat! Darauf komme ich dann noch kurz zu sprechen. Diese Blamage bleibt uns erspart, aber ein Stachel bleibt; das haben auch schon mehrere meiner Vorredner erwähnt: Kampl und Gudenus sind gewählte, entsandte Bundesräte und denken nicht an einen Rücktritt.

Bei allem Respekt, Herr Scheibner – ich habe Ihnen aufmerksam zugehört und kann jetzt nicht ausschließen, dass ich auch anders darüber denken würde, wenn ich Herrn Kampl persönlich kennen würde; das tue ich aber nicht –, ich kann nur sagen, ich habe seine Äußerungen eben so verstanden, dass das eine Verharmlosung von Nazi-Ver­brechen ist. Es tut mir Leid, aber da interessiert mich auch seine Familiengeschichte nur beschränkt. Wir schreiben jetzt das Jahr 2005 – und nicht 1945. (Abg. Dr. Fekter – in Richtung Freiheitliche –: Dann hat er nicht gelesen, was er gesagt hat!)

Es ist eben nicht so, dass die Alliierten oder die österreichische Justizverwaltung nach 1945 die armen Nazis massenweise nach Mauthausen gesperrt haben, dort Steine haben schleppen lassen, bis sie tot zusammengebrochen sind, und nebenbei – an die Adresse des Herrn Gudenus gerichtet – dort eine Gaskammer eingerichtet haben. Die brutale Nazi-Verfolgung nach dem Krieg – dieser Ausspruch ist unwidersprochen und dokumentiert, und Herr Kampl hat mehrfach darauf beharrt, dass diese Ansicht vertret­bar und richtig ist.

Freies Mandat. – Ja, Kampl und Gudenus sind Bundesräte, solange sie ihr Mandat nicht freiwillig zurücklegen, bleiben sie das auch bis zur nächsten Landtagswahl in Wien beziehungsweise in Kärnten. Dazu stehe ich auch, das müssen wir aushalten. Aber: Sind sie irgendwie vom Himmel dorthin gefallen? Es hat sie schon jemand dort­hin entsandt, Herr Scheibner! Es ist schwer vorstellbar, dass es der FPÖ-Wien, die Gudenus entsandt hat, beziehungsweise der FPÖ-Kärnten, die Kampl entsandt hat, vollkommen unbekannt war, welches Geschichtsverständnis, welche Geisteshaltung hier vorherrscht. (Abg. Scheibner: Der Landtag entsendet, Herr Kollege!) Der Landtag entsendet auf Vorschlag der betreffenden Fraktion.

In einem Punkt gebe ich Ihnen Recht: Ich werde mich jetzt nicht auf die Frage einlas­sen, wie viele andere Mitglieder des Wiener Landtages, wie viele andere Mitglieder des Kärntner Landtages hätten wissen müssen, wen sie hier entsenden, und rechtzeitig hätten aufschreien müssen. Aber dass das niemand gewusst hat, das widerspricht jeder Lebenserfahrung! Ich erinnere Sie an ein bekanntes Foto: Jörg Haider, 1986, Innsbrucker Parteitag, Sieg gegen Norbert Steger; Jörg Haider wird auf Schultern von zwei Personen aus dem Saal getragen. Ich erinnere mich sehr gut an dieses Foto: rechts auf dem Foto, also links von Haider, Gaugg und links Kampl. Dass man über 20 Jahre mindestens mit jemandem gut bekannt sein kann und dessen Geisteshaltung nicht kennt, das, entschuldigen Sie, finde ich, widerspricht tatsächlich jeder Lebens­erfahrung! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Vielfach in den Medien, bis heute, wurde gefragt: Ist das nicht Anlassgesetzgebung? Auch mich hat dieses Argument zunächst einmal betroffen gemacht, und ich habe gesagt: Selbst wenn es Anlassgesetzgebung ist, aber bei solchen Anlässen muss man reagieren! Mittlerweile frage ich mich: Was ist das überhaupt für eine Figur, diese Anlassgesetzgebung? Gibt es nicht für jedes Gesetz einen Anlass?

Heute Nachmittag wird unter anderem über Feinstaub diskutiert. Geschieht das des­halb, weil irgendjemand „fein“ und „Staub“ gelesen und das zusammengefügt und


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