Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 79

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klaren Konsens geben, dass diese Ideologie, die Zeit des Zweiten Weltkrieges und davor zu den dunkelsten Zeiten der österreichischen Geschichte gehört, dass hier furchtbare Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt worden sind und dass wir die Verantwortung dafür haben – auch das steht immer wieder zur Diskussion: Welche Verantwortung haben wir und haben gerade Vertreter auch meiner Generation, die das Glück gehabt haben, diese furchtbare Zeit nicht erleben zu müssen? –, das alles aufzuzeigen, die klare Grundlage dafür zu schaffen, dass die Demokratie in Österreich nicht nur gesichert ist, sondern auch weiterentwickelt wird, dass sie stark genug ist, allen totalitären Tendenzen – egal, von welcher Seite sie kommen – zu widerstehen.

Wir in Österreich, in einem demokratischen Europa haben auch klar zum Ausdruck zu bringen, dass diese Zeiten der Gewalt, des Mordes, der Unmenschlichkeit in die dunk­len Seiten der Geschichte verwiesen werden, aber hier auf diesem Kontinent keine Zukunft haben dürfen. Deshalb war dieses Signal wichtig und richtig, und ich bin sicher, dass es auch als solches verstanden wird.

Folgendes sollten wir uns aber auch noch ins Stammbuch schreiben, und zwar alle Fraktionen: dass wir mit dieser Verantwortung auch sorgfältig umgehen müssen, dass es keine Unterscheidung geben darf und dass wir diese Reflexe zurückweisen müs­sen – für uns selbst –, dass wir, wenn das in den eigenen Reihen passiert, einen Verteidigungsinstinkt bekommen und dann, wenn es bei den anderen passiert, die Verantwortung einmahnen.

In diesem Sinne könnte sich vielleicht auch der eine oder andere im Bundesrat ganz still und heimlich überlegen, wie es möglich ist, dass es nach der Rede von Herrn Bun­desrat Kampl noch Debattenbeiträge gegeben hat, in denen von einer hoch stehenden Debatte zu einem schwierigen Thema gesprochen wurde, und dass es fünf Tage gedauert hat, bis man den Unrechtsgehalt von verschiedenen Wortmeldungen erkannt hat. Auch das, glaube ich, sollten wir angesichts der jetzt seit Wochen grassierenden Debatte nicht außer Acht lassen.

Diese Verantwortung sollten wir alle gemeinsam tragen – ein klares Signal für die Demokratie, ein klares Signal auch für die Verantwortung von Spitzenrepräsentanten, was sie sagen und wie sie es sagen. (Allgemeiner Beifall.)

12.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Van der Bellen. Wunschredezeit: 8 Minuten. – Bitte, Herr Klubob­mann.

 


12.43.23

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Zunächst einmal möchte ich sagen, ich empfinde an diesem Tag schon eine gewisse Freude und Genugtuung, dass jetzt aller Voraussicht nach ein Bundesratspräsident Kampl verhin­dert wird, verhindert werden kann; Genugtuung auch deswegen, weil wir, die Grünen, vor sechs Wochen nicht übertriebenen Zuspruch bekommen haben, als wir damals eine Gesetzesänderung vorgeschlagen haben für den Fall, dass Herr Kampl nicht freiwillig zurücktritt. Damals haben wir uns alles Mögliche anhören können, warum das nicht geht, nicht sinnvoll, nicht zweckmäßig ist und so weiter. Tatsache ist jedenfalls, dass unser Vorschlag von damals heute zwar in unkenntlicher Form wiederkehrt, näm­lich total verändert, aber nichtsdestoweniger die juristische „Trägerrakete“ der heutigen Verfassungsnovelle ist.

Mit Sicherheit kann ich mich allen Vorrednern anschließen in dem Punkt – um es kurz zu machen –, dass jemand mit den Ansichten, mit dem Geschichtsverständnis wie ein Herr Kampl als Präsident für dieses hohe Amt in der Republik ungeeignet, unerträglich


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