Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / Seite 35

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Punkt Zwangsernährung – unglaubliche Punkte enthält, die diesem Geist, den wir aufgebaut haben, dem Geist der Aufenthaltsverfestigung, widersprechen, nicht reagieren.

Unter diesen Menschen, die nach Österreich zuwandern und bei uns sozusagen eine neue Heimat finden, sind nicht nur Flüchtlinge, sondern auch Migranten und Migrantin­nen, Menschen, die nach Österreich kommen und entsprechend ihrer Qualifikation Arbeit finden, etwa als Fliesenleger oder als Computertechniker oder als Universitäts­professor. Die Palette von Berufen, die von Zuwanderern in Österreich ausgeübt werden, ist sehr groß, und diese Zuwanderer leisten auch einen ganz wichtigen Teil zum wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortkommen unserer Republik.

Daher sind diese Materien, meine Damen und Herren, auch so sensibel, bei welchen man danach trachten muss, zwei Aspekte zu vereinen: erstens Grundrechte und Rechtsstaat zu wahren und zweitens die gesellschaftliche Akzeptanz für Maßnahmen, die auf diesem Gebiet getroffen werden, auch dafür zu bekommen. Aber keinesfalls – und das ist der wesentliche Punkt; das ist auch Gegenstand der Diskussion in Bezug auf das zu erwartende Stimmverhalten der sozialdemokratischen Fraktion hier im Plenum – eignen sich fremdenrechtliche Gesetze und Absichten auf legistischer Ebene dazu, rechtspopulistische Ansagen zu machen. (Beifall bei den Grünen.)

Jeder Staat – auch wir, die wir den Staat als Abgeordnete repräsentieren – hat das Recht, sich gegen Missbrauch, der in seinem Staat passiert, zu wehren. (Zwischenruf des Abg. Großruck.) Ja, selbstverständlich hat er das Recht dazu! Aber er hat gleich­zeitig die Pflicht, diesen Missbrauch mit grundrechtskonformen Mitteln abzustellen. Das ist der Punkt, der bei diesem Fremdenrechtspaket so problematisch ist.

Es wird hier eine Materie unter dem Titel „Asylmissbrauch“ geregelt. Ich möchte an dieser Stelle auch eine Begriffsklärung vornehmen. Was wird von dieser Regierung und leider auch von der SPÖ unter „Asylmissbrauch“ verstanden? – Die Tatsache, dass Menschen in Österreich einen Asylantrag stellen, jahrelang den Ausgang ihres Verfahrens hier in Österreich abwarten, und dann stellt sich am Ende dieses Verfah­rens heraus, dass ihnen nicht Asyl zuerkannt wird. (Abg. Scheibner: Warum ist das so?) Denn die Anerkennungsquote jener, die bei uns einen Asylantrag stellen, beträgt nicht hundert Prozent. Und einer, der einen Asylantrag gestellt hat und bei dem sich dann herausstellt, dass bei ihm keine Fluchtgründe nach dem österreichischen Asylgesetz und nach der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen, weshalb er kein Asyl bekommt, hat dann das Asylrecht missbraucht. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Meine Damen und Herren, sind Sie schon einmal zu schnell mit dem Auto gefahren? Falls Sie das tun und vom Radar erfasst werden, bekommen Sie eine Strafe, und Sie sagen dann: Jessas, ich weiß es nicht genau, bin ich zu schnell gefahren oder bin ich nicht zu schnell gefahren, aber ich mache jedenfalls einen Einspruch, denn auch die können sich irren!, und Sie bringen Ihre Argumente.

In der Regel sind der Radar und die Polizei Ihnen mit Ihren Argumenten immer voraus, und Sie werden die Strafe, die Ihnen auferlegt wurde, zahlen müssen. Niemand von Ihnen käme auf die Idee zu sagen: Ich bin ein Verfahrensrechtsmissbraucher, weil ich mir erlaube, einen Einspruch zu machen gegen eine Verwaltungsstrafe für einen Gesetzesverstoß, den ich begangen habe. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Das ist eine verfahrensrechtliche Sache!)

Das Asylverfahren, meine Damen und Herren, ist in einem Asylgesetz geregelt, und deshalb kann es nicht sein, dass jene, die Rechtsmittel im Asylverfahren nutzen, die ihnen von Gesetzes wegen zustehen, als Missbraucher bezeichnet werden. Damit wird nur kaschiert, dass es in diesem Land auf dem Gebiet der Zuwanderung eine verfehlte Politik gibt. Es gibt auch eine verfehlte Politik auf dem Gebiet der Kriminalitäts-


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