Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / Seite 52

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zum Beispiel –, die wirklich von Hunderttausenden von Flüchtlingen umgeben sind und die mit dem fertig werden müssen, aber nicht ein reiches Land wie Österreich. Da verwechseln Sie völlig die Tatsachen!

Ich möchte noch einmal zum Ausgangspunkt zurück. Warum ist überhaupt eine Repa­ratur des Gesetzes notwendig gewesen? – Weil der Verfassungsgerichtshof gesagt hat, das Gesetz ist in wesentlichen Punkten verfassungswidrig. Dieses Ihr Paket be­deutet eine drakonische Verschärfung des gesamten Bereiches Asyl, Menschen­rechte, Fremdenpolizeirecht, aber auch Grundrechte von Österreicherinnen und Öster­reichern. Es geht auf einmal um mehr Polizei, um Strafen, um drakonische Strafen, um Krimi­nalisierung, um Kriminalisierung jedes Österreichers/jeder Österreicherin, die mit ausländischen Staatsbürgern zu tun haben.

Und noch einmal das Beispiel: Bis 1989 sind Menschen, die Nicht-Österreichern bei der Flucht aus ihrem Land geholfen haben, noch vom Landeshauptmann mit Ehren­urkunden ausgezeichnet worden. – Mit diesem Gesetz werden sie mit Tagsätzen, mit Straftagsätzen bis zu einem Jahr bestraft, kriminalisiert. (Abg. Mag. Molterer schüttelt verneinend den Kopf.)

Sie, Herr Klubobmann Molterer, brauchen gar nicht den Kopf zu schütteln! Der Geist dieses Gesetzes ist geprägt von dem Unterschied zwischen Mensch und Mensch, den wir in Europa schon einmal hatten, einen Unterschied zwischen Mensch und Mensch, zwischen Kindern.

Ich bringe Ihnen ein Beispiel: Zwei Kinder, die beide in Österreich geboren sind; der eine heißt Anton, der andere heißt Ali. Stichwort: jedes Kind ist gleich viel wert: Beide kommen in die Pubertät, beide kommen in die „wilden“ Jahre; schwierige Burschen, ja, sie werden beide straffällig. Was passiert mit Ali? Was passiert mit Anton? – Ali kommt vielleicht zurück in die Türkei, wo er noch nie gewesen ist, in ein Land, dessen Sprache er nicht spricht, und Anton wird in die österreichische Gesellschaft re-integriert.

Ist das nicht ein Unterschied zwischen Mensch und Mensch, den niemand mehr verstehen kann? Können Sie das in irgendeiner Weise verantworten?! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist ja keine Asylangelegenheit! Und Kriminelle haben wir selber genug!)

Frau Partik-Pablé, ein anderes Beispiel, das sich in diesem Gesetz findet. Ein anderes Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie sind eine bosnische Frau, Sie haben sexuelle Gewalt erlebt und müssen das in Österreich in erster Instanz alles nachweisen, alles vorbringen. Sie kommen in diesen Raum und wissen: Wenn ich es jetzt nicht sage, habe ich keine Chance mehr, Asyl zu bekommen. Sie sitzen drinnen, und Sie müssen dann einem Mann erklären, was Ihnen passiert ist. Sie haben kein Recht auf eine Frau als Dolmetscherin in Ihrer Sprache, die das übersetzt, was Ihnen passiert ist. Wie können Sie das vertreten? Können Sie sich in solche Frauen hineinversetzen? – Ich glaube nicht! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber das stimmt ja nicht! Nicht einmal das stimmt! – Abg. Scheibner: Sie lesen das Gesetz nicht!)

Das ist nach wie vor im Gesetz drinnen. Lesen Sie die Stellungnahmen von „amnesty“ und so weiter!

Ein anderes Beispiel. Wir reden von Traumatisierten und Folteropfern. Wissen Sie, was traumatisierte Menschen sind? Wissen Sie, was Menschen passiert, die traumatisiert sind? – Das sind Kinder, das sind Jugendliche, das sind erwachsene Männer und Frauen, die Schreckliches mitansehen mussten, zum Beispiel die Erschießung ihrer Familie, zum Beispiel die Vergewaltigung ihrer Tochter, die so etwas mitansehen mussten. Diese Menschen haben ein Trauma, diese Menschen tragen etwas unglaub­lich Schweres mit sich herum. Und dafür hat es eine Schutzklausel gegeben in dem


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