Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / Seite 156

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Sie sind unter den so genannten Asozialen rekrutiert worden und wurden quasi als Belohnung für die Arbeiter im KZ zur Prostitution gezwungen. Vielen wurde die Freiheit versprochen, allerdings mussten sie nach sechs Monaten wieder nach Ravensbrück zurück.

Das Problem ist, dass es nach wie vor das Vorurteil gibt, dass sich diese Frauen freiwillig gemeldet hätten; sie wurden und werden in der Öffentlichkeit kaum als Opfer gesehen. Aber, meine Damen und Herren, in einem derartigen Terrorsystem, wie es der Nationalsozialismus war, kann nie von wirklicher Wahlfreiheit gesprochen werden. Angesichts der tödlichen Bedingung war Zwangssexarbeit die einzige Überlebens­chance.

Diese Frauen waren Opfer! Und es ist mir ganz wichtig, das an dieser Stelle zu betonen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Tancsits zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.28.00

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Wir haben nun ein umfangreiches Anerkennungspaket für NS-Opfer, 60 Jahre nach Kriegsende. Und ich finde es persönlich bedauerlich, dass dieses Anerkennungspaket, obwohl sehr lange und sehr kompromissgetragen verhandelt, von den Oppositionsparteien nicht mitgetragen werden kann (Abg. Dr. Jarolim: Abgedreht haben Sie das!), weil man es sich offensichtlich aus taktischen Gründen nicht leisten kann (Abg. Öllinger: Sie waren nicht einmal bereit, das zu diskutieren im Sozial­ausschuss!), eine über Jahre erarbeitete, scheinbare moralische Überlegenheit in allen Fragen der Historie aufzugeben.

Schade wegen der Anerkennung der Opfer! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.)

Ich möchte mich vor allem auf die Bereiche des Sozialpolitischen beschränken, die in diesem Anerkennungspaket enthalten sind. (Abg. Öllinger: Sie haben nicht einmal diskutiert, im Sozialausschuss! Seit Jahren haben Sie sich der Diskussion verweigert!)

Es geht um materielle Lückenschlüsse, etwa im Kriegsopferversorgungsgesetz, in dem wir heute Verbesserungen für etwa 1 600 Hinterbliebene nach Kriegsopfern erfüllen, etwa einen besseren Zugang zur Witwen- oder Witwerrente. Und ich bin froh, dass wir damit einer langjährigen Forderung des Kriegsopfer- und Behindertenverbandes ent­sprechen können.

Zweitens, in den Sozialversicherungsgesetzen, geht es darum, den Opfern der NS-Justiz und insbesondere der NS-Militärjustiz fehlende Ersatzzeiten für die Sozial­versicherung zuzuerkennen.

Drittens haben wir uns für den Bereich des Opferfürsorgegesetzes nach reiflicher Dis­kussion – ich werde dann noch eine persönliche Bemerkung hinzufügen – entschlos­sen, weitere Opfergruppen, wie etwa den in dieser Zeit so genannten Asozialen, die bisher nicht direkt angeführt waren, anzuführen, der Opfer so genannter medizinischer Versuche ebenfalls zu gedenken sowie auch jenen Opfern, die auf Grund ihrer sexuellen Orientierung im Nationalsozialismus verfolgt wurden.

Ich persönlich lege, da ich ja auch persönlich angegriffen wurde, Wert auf die Fest­stellung, dass ich mir diese Zustimmung reiflich überlegt habe. Aber ich glaube, es sollen nicht die Opfer darunter leiden, wenn bestimmte radikale Gruppen versuchen, ein bestimmtes Abstimmungsverhalten zu erpressen. Mir geht es darum, dass ich


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