Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 117. Sitzung / Seite 17

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Es gibt zwei Dinge, die es verdienen, näher angeschaut zu werden. Das ist zum einen die Fünf-Tage-Woche in den Pflichtschulen. Auch da muss man sagen, über 90 Pro­zent der Pflichtschulen waren bereits fünftägig geführt; bei den restlichen wird das jetzt der Fall sein. Ich glaube, daran sieht man, dass die Qualität des Schulsystems dadurch nicht drastisch steigen wird. Aber der zentrale Punkt, der drinnen ist, ist die Nachmit­tagsbetreuung. Ich sage es gleich vorweg: Die Grünen werden diesem Gesetzesantrag deshalb nicht zustimmen, weil die Nachmittagsbetreuung völlig unzulänglich geregelt ist. (Beifall bei den Grünen. – Widerspruch bei der ÖVP.)

Wenn Sie von der ÖVP hier zwischenrufen, eine ganz simple Frage: Was hindert Sie daran, in den österreichischen Gesetzen einen Rechtsanspruch auf Nachmittagsbe­treuung sicherzustellen? Wir hätten über jede Form diskutiert, die das sicherstellt. Wir haben nicht gefordert, dass an jeder einzelnen Schule Nachmittagsbetreuung sein muss. Wir haben auch nicht gefordert, dass es nur ganztägig geführte Schulen sein müssen, wo jeder Schüler oder jede Schülerin den ganzen Tag in der Schule sein muss. All das hätten wir diskutieren können.

Das Einzige, auf das wir bestanden haben und wo Sie gesagt haben, das geht nicht, ist ein Rechtsanspruch. Jetzt machen Sie folgende Regelung: dass ab 15 SchülerInnen, die angemeldet sind – übrigens in diesem Fall an einer Schule –, Nachmittagsbetreu­ung angeboten werden muss. Dann gibt es noch eine sehr große Hürde, wenn man wirklich Ganztagsschulen führen will, wo nämlich verschränkter Unterricht mit besseren Erholungspausen, mit der Möglichkeit von Wechsel zwischen Unterricht und Förder­maßnahmen gegeben ist: Da müssen dann zwei Drittel der Eltern am Schulstandort zustimmen. Zwei Drittel der Eltern müssen zustimmen, dass eine Ganztagsschule geführt werden kann! Das ist eine Hürde, die Sie an kaum einer österreichischen Schule überwinden können. Ein Rechtsanspruch darauf besteht in keiner Form.

Unser Vorschlag wäre gewesen: Jeder Elternteil, jede SchülerIn soll das Recht haben, zu wählen, ob sie eine herkömmliche Schule besucht, ob sie eine Schule mit Nachmit­tagsbetreuung, also Unterricht am Vormittag und Nachmittagsbetreuung danach, wünscht oder ob es eine wirkliche Ganztagsschule sein soll – und das in einer ange­messenen Entfernung zum Wohnort. Dieses Recht verwehren Sie den österreichi­schen Eltern, den SchülerInnen nach wie vor, und daher ist dieses Gesetz völlig unzu­länglich. (Beifall bei den Grünen.)

Der zweite wichtige Punkt: 15 SchülerInnen Minimum, damit die Gemeinden zusätz­liches Geld bekommen. Natürlich kann jede Gemeinde eine Schule eröffnen, auch Nachmittagsbetreuung anbieten, wenn sie es selbst zahlt. Wenn die Gemeinde selbst zahlt, können Sie für zwei SchülerInnen auch eine Nachmittagsbetreuung machen. Ich würde Sie ersuchen, dass Sie uns dann die Anzahl jener österreichischen Gemeinden nennen, die sagen, wir haben zwar keine 15, wir haben viel weniger, dort machen wir es trotzdem. Die wird es nicht wirklich geben. Aber wen benachteiligt denn diese Re­gelung? – Die Regionen, für die Sie sich scheinbar immer mit großem Enthusiasmus einsetzen, nämlich die ländlichen Regionen. In den Städten wird es ein relativ geringes Problem sein – da kann man ja auch die Schulen auswählen –, Schulen zu finden, wo es Nachmittagsbetreuung gibt.

Wenn in ländlichen Regionen keine 15 Schüler angemeldet sind, gerade diese Ge­meinden aber mittlerweile große finanzielle Probleme bekommen haben, dann wird es dort das Angebot schlicht und einfach nicht geben. Sie von der ÖVP brauchen uns nicht mehr damit zu kommen, dass Sie sich für die ländlichen Regionen einsetzen. (Beifall bei den Grünen.) Das ist einfach der nächste Schritt der Benachteiligung und der Ausdünnung genau dieses Raums, das ist für uns auch nicht nachvollziehbar.

 


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