Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 117. Sitzung / Seite 39

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Aber warum sagen Sie nicht auch: Wenn 15 Eltern wollen, dass ihre Kinder eine voll­wertige Ganztagsschule zur Verfügung haben, dann ist das ebenfalls einzurichten!? – Das sagen Sie nicht! Da sagen Sie, es müssen zunächst zwei Drittel der Eltern und zwei Drittel der Lehrer der ganzen Schule dafür sein, damit sich dann in einer Klasse die Eltern melden und sagen können: Wir hätten das gerne! Und dann müssen, nur damit es das in einer Klasse gibt, wieder zwei Drittel der Eltern das wollen, und alle Lehrer der Schule müssen damit einverstanden sein. Da kommt man nämlich mit dem perfiden Argument, es müssen Lehrer auch für kranke Kollegen einspringen, daher müssen alle Lehrer der Schule einverstanden sein, denn es könnte jeder dieser „Zu­mutung“ ausgesetzt werden, dass er um 14.30 Uhr noch unterrichten muss.

Sie geben ja nicht einmal den Ländern, etwa Wien, wo nachgewiesenermaßen eine große Nachfrage nach vollwertigen Ganztagsschulen besteht, die Möglichkeit, diese Ganztagsschulen ohne diese Hürden einzurichten. (Abg. Dr. Jarolim: Aber ist das nicht engstirnig? Das ist doch engstirnig!) Ich zitiere Schiller und sage: Madam, geben Sie Ganztagsschul-Freiheit! Das wäre doch einmal notwendig! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Jarolim: Josef, ist das nicht engstirnig?) – Dazu bekommst du dann persönlich eine Antwort. Ich fürchte deine Zwischenrufe, auch wenn sie gegen mich gerichtet sind. (Heiterkeit. – Abg. Mag. Molterer: Vor allem, weil sie besonders unqualifiziert sind!) Ich habe es gar nicht gehört. Ich müsste mich jetzt wirklich einhören, aber ich mache es jetzt nicht. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer.)

Herr Klubobmann Molterer, danke für Ihre Zwischenrufe! Im Fernsehen kann man sie nicht hören, dort wirken Sie wie ein stummer Fisch im Aquarium. (Beifall und Heiterkeit bei der SPÖ.) Sie waren schon einmal besser (Abg. Mag. Molterer: Wer? Sie!), da hatten Sie Tafeln dabei, um das zu unterstreichen, was Sie sagen wollten, aber heute haben Sie nichts gefunden, was aufzuschreiben wert gewesen wäre – was ich ver­stehe, denn die Schulpolitik dieser Bundesregierung wird ja von der Öffentlichkeit mit Vier bis Fünf beurteilt.

Wenn ich „NEWS“ von dieser Woche lese und sehe, dass die Frau Bildungsministerin im Ministerialranking an letzter Stelle ist, dann sage ich, das kann nicht an ihren per­sönlichen Qualitäten liegen, denn die Frau Bundesministerin ist eine angenehme, kor­rekte, entgegenkommende Gesprächspartnerin in allem. Sie ist auch in ihren Auftritten in der Öffentlichkeit untadelig. Es kann also nicht an ihr liegen, es muss an dem liegen, was Sie und Sie mit ihr vertreten, nämlich eine Schulpolitik, die viele Eltern in Öster­reich einfach nicht mehr haben wollen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich will auf diese Zwischenrufe nicht einge­hen, denn man hört ja nicht, was Sie sagen. Das ist immer so einseitig. Sie kommen dann nach mir raus und reden auch – passt. (Zwischenruf der Abg. Lentsch.)

Ich gebe Ihnen ein einfaches Beispiel: Nachhilfeunterricht findet sehr oft als nicht an­gemeldete Nebenbeschäftigung statt. Nachhilfeunterricht ist etwas, was sich typi­scherweise schwarz abspielt. Deswegen sind wir auf Befragungen von Eltern und auf Hochrechnungen angewiesen. Nach diesen Hochrechnungen zeigt sich, dass Öster­reichs Eltern etwa 100 Millionen € im Jahr ausgeben, damit sich ihre Kinder mit pri­vatem Geld das, was ihnen an der Schule nicht beigebracht werden konnte – aus welchem Grund immer –, nachkaufen können. (Abg. Lentsch: Seit Sinowatz!)

Eine Schule muss doch imstande sein, auch die schwächeren Schüler so zu betreuen, dass sie das Klassenziel erreichen und dass es nicht von der Bereitschaft und den finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängt, ob sie gefördert werden, ob sie sitzen bleiben oder ob sie von der AHS in die Hauptschule abgeschoben werden. Das kann es doch nicht sein! Also eine gute Schulpolitik, wie wir sie wollen, sollte Nachhilfe ein


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