Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 117. Sitzung / Seite 41

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feststellen, dass diese Menschen dank des österreichischen Schulsystems bis in höchste Spitzenränge, bis in den Nobelpreisrang gekommen sind – und das ohne jeden Zugang zu so genannten Eliteschulen, die man ja bei uns bis jetzt gar nicht gebraucht hat, denn jede Schule war eine Eliteschule. Das ist ein gänzlich anderes System als zum Beispiel in den angelsächsischen Ländern. Ich meine, das ist hervor­zustreichen und auch beizubehalten. Wer in Österreich – so war es jedenfalls, und es ist auch anstrebenswert, dass das so bleibt – die österreichischen Schulen durchlaufen hat, konnte in allen Bereichen bis an die Spitze vorstoßen. Das ist eine große demo­kratische Errungenschaft, auf die wir wirklich stolz sein können.

Das österreichische Schulsystem ist in seinen Grundbausteinen gut, und es ist auch angenehm, dass die heutige Debatte nicht wie kurz nach der PISA-Studie zu einer De­batte über die Gesamtschule geworden ist, denn das wäre eine sehr kurzsichtige Inter­pretation von PISA. Wenn man den internen Vergleich zieht, dann wird man feststellen, dass zum Beispiel in der Bundesrepublik Deutschland genau in jenen Bundesländern, in denen es die Gesamtschule gibt, das Ergebnis wesentlich schlechter ist als in jenen Bundesländern – vergleichen Sie Bayern und Berlin! –, in denen es so wie in Öster­reich nach wie vor ein gegliedertes Schulsystem gibt.

Ich will jetzt nicht a priori den Umkehrschluss ziehen, dieser Schluss ist jedenfalls nicht zulässig, so wie es nicht zulässig wäre, aus anderen Vorbedingungen, die Finnland hat, abzuleiten, dass es deswegen an der Spitze liegt, weil es in Finnland 20 Prozent weniger Schulstunden gibt. Man könnte sagen: Kürzen wir weitere 20 Prozent der Schulstunden, dann mag es besser sein! Oder: Die finnischen Lehrer werden geringer bezahlt, wesentlich geringer bezahlt. Man könnte sagen: Machen wir das!, und schon haut das hin.

Korea sei als zweites Land angeführt: Dort gibt es kaum Schulklassen unter 50 Schü­lern. Zu sagen, auch das wäre ein probates Mittel, um an die Spitze vorzustoßen, so einfach sollte es nicht sein, und es ist gut, dass man nach der ersten Interpretations­welle – ich verstehe ja, dass dann jeder für seine ideologischen Vorstellungen Argu­mente zur Seite schafft, wie er sie kriegen kann – jetzt wieder auf eine solidere Basis gekommen ist.

Ich meine, dass das Bildungssystem – und das kennzeichnet das österreichische Bil­dungssystem tatsächlich – im Wesentlich zwei Aufgaben erfüllen muss: Es muss für alle sozialen Schichten zugänglich sein. Die Herkunft, die materiellen Verhältnisse dürfen keinesfalls eine Rolle für den eingeschlagenen Weg spielen, und es muss – da ist eben das gegliederte Schulwesen ein sehr probates Mittel – auf die unterschied­lichen Neigungen und Talente des Menschen Rücksicht nehmen.

Noch ein Satz zu folgendem Thema: Die Geringschätzung der Hauptschule, die es ja eigentlich ist, und damit die Geringschätzung der vor allem praktisch orientierten Berufstätigkeit ist etwas, was mich bei Ihnen von den Sozialdemokraten erstaunt.

Es wäre vielmehr ein richtiger Weg, festzustellen – um es salopp zu sagen: die Welt braucht nicht nur Eierköpfe –, dass Menschen unterschiedlich begabt sind, dass einige Menschen in erster Linie theoretisch begabt sind und dass es andere Menschen gibt, die vor allem praktisch begabt sind, was natürlich nicht heißt, dass sie nach dem Humboldt’schen Bildungsideal nicht eine Grundlage dafür bekommen sollen (Abg. Mag. Wurm: Das Einkommen der Eltern darf nicht ausschlaggebend sein!), voll am kulturellen Leben teilzunehmen, aber es ist a priori ein Wert, als Arbeiter, als Fach­arbeiter seine Arbeit gut zu machen.

Wenn ein Arbeiter, wenn es – ich habe dieses Beispiel schon einmal verwendet, weil es wirklich so treffend ist und ich es mir vor kurzem beim Hausbau überlegt habe – schon finster wird und wenn der Eisregen kommt, trotzdem in den Künetten steht und


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