Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 117. Sitzung / Seite 81

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Wenn jetzt Universitätsrektoren von der Regierung gewisse Notwehraktionen wün­schen und verlangen, bringe ich dafür schon ein gewisses Verständnis auf, weil es eben Notwehraktionen sind. Diese hätten aber keine sein müssen, hätte man rechtzei­tig Gespräche geführt und hätte man sich rechtzeitig Alternativen überlegt. Ich glaube, wenn jetzt das Resultat von Studienplatzbeschränkungen in Kauf genommen wird, kann ich ohne weiteres behaupten: Wir brauchen nicht weniger Studierende, sondern Österreich braucht mehr Studierende! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was sind die harten Fakten? – Nur 31 Prozent der MaturantInnen kommen oder kön­nen auf die Universität gehen; EU-weit sind es 50 Prozent aller AbiturientInnen oder MaturantInnen. Die Betreuungsverhältnisse an den Universitäten haben sich in den letzten 40 Jahren ganz klar verschlechtert. Die Zahl der Studierenden hat sich vervier­facht, die des betreuenden Lehrpersonals nicht ganz verdoppelt – da tut sich eine Schere auf. Die öffentlichen Ausgaben pro Kopf von Studierenden sind, gemessen am BIP, um sage und schreibe 60 Prozent gesunken. Das sind die harten Fakten, die den offenen Hochschulzugang mit vielen Fragezeichen versehen! (Beifall bei den Grünen.)

Die Regierung, sage ich jetzt, kann aber nun nicht damit anfangen – wie manche es gerne tun –, mit einem Überraschungseffekt zu argumentieren. Es gibt keine Über­raschung! Das Problem der Ungleichbehandlung wurde vor zwölf Jahren gesetzt, seit sechs Jahren läuft ein Verfahren und eine Klage (Abg. Dr. Brinek: Ja, eh!), und vor fünf Monaten hat der Generalanwalt die EU-Position klargelegt. Das sind doch keine Überraschungen! Und wann haben unsere Verhandlungen begonnen? – Am Dienstag dieser Woche, drei Tage vor Verkündigung des EuGH-Urteils!

Wenn ich mir dann heute noch anhören musste: Wir haben doch vor drei Wochen in der Straßenbahn die Verhandlungen begonnen, als wir von Badelt zurück ins Parla­ment gefahren sind!, dann sage ich: Interessant, dass auch schon Straßenbahnge­spräche den Verhandlungsbeginn charakterisieren! Daran glaube ich nicht. Ich sage Ihnen – und ich glaube, jeder mit Vernunft gesegnete Mensch wird mir hier nicht wider­sprechen –, dass ein so komplexes Thema nicht in vier Tagen durch das Parlament gepeitscht werden kann; außer ich wünsche, dass „Ho ruck“ und „Husch und Pfusch“ zur Regel unseres Plenums werden. Ich glaube, wir alle wollen das nicht.

Wenn Österreich ein konkurrenzfähiges Bildungsland bleiben will, dann müssen wir mehr und bessere Studienplätze auch finanzieren. Ich glaube, dass das keine Frage des Könnens, sondern primär eine Frage des Wollens ist. Und, bitte, wollen Sie! – denn Sie versprechen es ja auch den Leuten. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Oder aber die andere Alternative wäre, den offenen Hochschulzugang nicht mehr wie eine Plakette vor sich herzutragen, sondern zu sagen: Nein, wir wollen das nicht, das ist uns das Geld nicht wert, und das Budget wollen wir mit diesen Dingen nicht belas­ten! – Aber da fehlt Ihnen der Mut, dieses Wort auszusprechen, und das finde ich dann auch nicht in Ordnung. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Der ehemalige Rektorenchef Winckler hat in seiner Amtszeit gesagt: Wir bräuchten 300 000 Studienplätze, um konkurrenzfähig mit Europa zu sein. Das sind 90 000 mehr als jetzt. Daher verstehe ich dieses Gefeilsche um die Finanzierung additiver Studien­plätze nicht zu hundert Prozent, sage ich jetzt einmal. (Beifall bei den Grünen.)

Wir wollen diese Finanzierung, um einfach mehr qualitativ gute Studienplätze garantie­ren zu können, und stellen daher folgenden Entschließungsantrag der Abgeordneten Grünewald und Broukal, Freundinnen und Freunden oder Genossinnen und Genossen (Abg. Dr. Brinek: Von dem haben Sie in den Verhandlungen nie was gesagt!):

 


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