Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 122. Sitzung / Seite 70

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und Burschen, die sich orientieren wollen: Was kann ich denn werden, was entspricht meinen Fähigkeiten, was entspricht meinen Talenten et cetera? – Das kann es ja wohl nicht sein, Frauen nach der Babypause anzureizen, wieder von vorne anzufangen! Nach Möglichkeit – es wird immer Ausnahmen geben – soll doch das Humankapital dort eingesetzt werden, wo man es schon investiert hat, und nicht ganz woanders.

Es kann schon sein, dass sich im Einzelfall jemand dann umschulen lässt auf, ich weiß nicht, einen Pflege- oder Gesundheitsberuf – im Einzelfall! Aber nicht jede technische Zeichnerin, jede akademisch gebildete Frau sollte jetzt plötzlich auf diese Weise ange­reizt werden, etwas ganz anderes zu machen! Das wäre mit Sicherheit mit Einkom­mensverlusten für die Frauen verbunden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

Etwas Herzklopfen habe ich bezüglich eines Punktes, den Herr Stummvoll schon an­geschnitten hat auf Grund der Belege meines Kollegen Karl Öllinger im Ausschuss. So ein Programm, wie es heute beschlossen wird, dieses Beschäftigungsförderungspro­gramm mit den Höherqualifizierungsmaßnahmen und so weiter, ist so gut oder so schlecht, wie die Umsetzung klappt. Ich möchte wirklich nicht den Eindruck erwecken, dass das AMS, das Arbeitsmarktservice, insgesamt schlechte Arbeit macht. Wahr­scheinlich ist es weitaus besser als zum Beispiel die deutschen Institutionen auf die­sem Gebiet. Nur, wir bekommen laufend Beschwerden, berechtigte Beschwerden darüber, was in verschiedenen Kursen angeboten wird und wie wenig kunden- und klientenorientiert das ist.

Mir fehlt leider die Zeit, das im Detail heute aufzulisten, aber wir haben ein sehr inter­essantes Protokoll eines etwa 50-Jährigen, der einen 13-wöchigen Kurs zu besuchen hatte – das wird ja vorgeschrieben –, also drei Monate, wo ich mich frage, ob sich jemand Gedanken über die Zusammensetzung der ersten zwei Wochen gemacht hat. Das ist bunt gemischt zwischen Hilfsarbeitern/Hilfsarbeiterinnen, Maturanten, Leuten mit und ohne Lehrabschluss, einem oder zwei, die kaum oder gar nicht Deutsch kön­nen. Welchen Sinn hat das? Durchmischung ist gut und schön, aber eine gewisse Ziel­orientierung muss doch da sein. Auch beim Alter: Der eine ist 30, der andere 61. Welchen Sinn hat das? Die haben doch völlig unterschiedliche Bedürfnisse, was den Arbeitsmarkt und was die Qualifikation betrifft!

Das so zu mischen zwischen Maturanten, Leuten ohne Lehrabschluss, Leuten, die nicht einmal lesen und schreiben können – aus welchen Gründen auch immer –, ergibt doch keinen Sinn. Die brauchen ganz offensichtlich eine sehr differenzierte Hilfe, diffe­renzierte Maßnahmen im Bereich der Weiterqualifikation – und nicht einen derartigen Kurs, der eigentlich für alles und nichts ist. (Beifall bei den Grünen.)

Das Gleiche gilt dann leider im Bereich der so genannten siebenwöchigen Qualifikati­onskurse. In diesem Fall hat der Betreffende Gastronomie gewählt, und er schreibt zum Schluss, dass die sieben Wochen vollständig „für die Katz“ waren. Er habe nichts gelernt, was ihn wenigstens als Koch oder Kellner qualifizieren würde, vielleicht Kü­chenhilfe oder Abwäscher, aber er hat schon viel höhere Qualifikationen in der Gastro­nomie wahrgenommen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Also, meine Damen und Herren, wenn wir nicht garantieren können, dass es mit der Umsetzung klappt, wird auch dieses Gesetz nicht weiterhelfen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel zu Wort. Herr Bundeskanzler, 10 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


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