Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 122. Sitzung / Seite 242

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Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Wunschredezeit: 4 Mi­nuten. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort. (Abg. Neudeck: Ob diese Rede besser wird als die Zwischenrufe?)

 


21.27.18

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Ich fühle mich da sehr herausgefordert, Kollege Neudeck, bin auch sehr glücklich über Ihre Anwesenheit und begrüße Sie daher ganz besonders.

Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Gerne hätten wir heute hier gemeinsam unter diesem Titel ein Verbandsver­antwortlichkeitsgesetz beschlossen – der Arbeitstitel war „Die strafrechtliche Behand­lung juristischer Personen“. Das Ganze ist zudem nichts Neues, da wir – und das ist das Erste, das bemerkenswert ist – eigentlich bereits seit 30. Juni 2002 – Herr Kollege, Sie wissen das, glaube ich, ohnehin – einen Rahmenbeschluss umzusetzen gehabt hätten, den wir aber noch nicht umgesetzt haben. Es ist schon „bewundernswert“, dass man drei Jahre lang gebraucht hat, ein beschlussfähiges Gesetz überhaupt hier ins Hohe Haus zu bringen.

Wenn ich bedenke, Kollegin Wurm, was Kollege Böhmdorfer seinerzeit angekündigt hat – wie effizient und wie gut es ist –, nachdem er bemerkt hatte, dass wir hier schon erheblichen Nachholbedarf haben, und sehe, was heute hier letztlich herausgekommen ist – wobei ich aus der Diskussion im Ausschuss mitgenommen habe, Frau Ministerin, dass Sie sich doch, glaube ich, mehr als das, was heute hier beschlossen wird, ge­wünscht hätten –, kann ich nur sagen: Es kommt nicht von Ungefähr, dass in Fachkrei­sen nicht von einem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz, sondern von einem Unver­antwortlichkeitsschutzgesetz gesprochen wird, da die eigentliche Schutzintention die­ses Gesetzes nicht erreicht werden kann.

Worum geht es bei diesem Gesetz? – Es geht letztlich darum, dass jene Strafdelikte, die Einzelpersonen, wenn sie sie begehen, mit einer Strafe büßen müssen, auch ge­genüber Verbänden, Gesellschaften, insbesondere großen Gesellschaften – um die geht es; Banken (Abg. Dr. Fekter: Nein, es geht auch um die kleinen Vereine!) –, wenn sie von diesen begangen werden, geahndet werden. Es ist ja niemandem geholfen, dass dann, wenn ein Unternehmen etwas macht und zu verantworten hat, möglicher­weise ein Geschäftsführer oder jemand anderer bestraft wird, aber die Gesellschaft, die eigentlich den Ertrag, den Gewinn aus dieser Handlung bekommen hat, nicht bezahlen muss, nicht abgeschöpft werden kann. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Die Konsequenz war daher, dass man gesagt hat: Wenn es zu einer derartigen straf­baren Handlung der Gesellschaft, die der Gesellschaft zuzurechnen ist, kommt, dann soll auch die Gesellschaft dafür bezahlen. Die Frage war daher die Kenngröße, man hat gefragt: Was ist da maßgeblich? – Der Umsatz!

Dieser Umsatz wurde von der Industriellenvereinigung, von der Industrie, von der Wirt­schaft herausverhandelt, und man hat sich auf den Gewinn geeinigt. Man hat gesagt, der Gewinn ist, wie wir alle wissen, eine Größe, die natürlich sehr dehnbar und sehr gestaltbar ist, natürlich wesentlich weniger als der Umsatz, keine Frage. Was zuletzt noch dazugekommen ist, war, dass man gesagt hat: Naja, der Gewinn eigentlich auch nicht in voller Höhe, sondern da muss eine Höhe des Strafsatzes – 10 000 € – einge­zogen werden. Wenn ich jetzt ein Unternehmen mit Milliardenumsatz habe, dem ich mit einer Höchststrafe von 10 000 € drohe, dann wissen wir alle, das ist eigentlich keine wirkliche Drohung. Daher ist das, was man mit diesem Gesetz eigentlich wirklich haben wollte, nicht erreicht worden.

Dass es nach wie vor nicht ausgeschlossen ist, dass die Strafen von der Steuer abge­setzt werden, ist ein weiterer Mangel, von dem wir eigentlich erwartet hätten, dass er


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