Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 16

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österreichischen Arbeitsmarktes. Es ist ganz berechtigt, dass in Zeiten des Übergangs der österreichische Arbeitsmarkt geschützt wird. Ja, aber nichtsdestotrotz findet tagtäglich die Umgehung dieser Bestimmungen statt. Tagtäglich findet die Umgehung statt!

Ich habe gerade eine Information aus Oberösterreich bekommen, wo Firmen bereits aus­schreiben: Wir bieten hervorragende Fachkräfte aus den neuen EU-Ländern an. Ihr Vorteil: ausgezeichnetes Preisverhältnis, Sie sparen bis zu 50 Prozent gegenüber den heimischen Fachkräften, weil keine aufwendigen Anmeldungen zur Sozial- und Krankenversicherung, keine Abfertigung-Neu et cetera nötig sind. (Abg. Broukal: Frau Sozialministerin! Was sagen Sie?) Dann steht noch dabei: Der Einsatz ist natürlich vollkommen legal, und dafür wird ein Gutachten der Österreichischen Wirtschafts­kammer – wird auf Wunsch zugestellt – ausgestellt.

Da stellt sich dann jeder die Frage, wie das zusammenpasst, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass es auf der einen Seite das Bekenntnis gibt, dass der österreichische Arbeitsmarkt geschützt werden soll, es aber auf der anderen Seite bereits Firmen gibt, die bewerben, dass es Beschäftigung gibt, mit der diese Regelun­gen unterlaufen werden sollen. (Abg. Broukal: Das ist unglaublich!) Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist unehrlich! Da ist die österreichische Bevölkerung mit Recht dagegen, und Sie (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Barten­stein), Herr Arbeitsminister, tragen dafür die Verantwortung, wenn hier Missstände auf dem österreichischen Arbeitsmarkt vorherrschen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Lunacek.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bekenntnisse alleine werden uns nicht weiterhelfen, es müssen Ergebnisse geliefert werden. Und Ergebnisse in Europa können ja auch so ausschauen, dass man natürlich versuchen sollte, zu gemeinsamen Regelungen zu kommen. Ich finde, es wäre zum Beispiel sehr anständig, wenn man auch den neuen Mitgliedstaaten, die teilweise sehr erfolgreich sind, sagt: Freunde, ihr bekommt alle in Zukunft ganz massiv Unterstützungsmittel der Europäischen Union. Aber die Menschen bei uns verstehen nicht, dass ihr zwar einerseits Unterstützungen der Europäischen Union, sprich: auch der österreichischen Steuerzahler, bekommt, aber andererseits diese Mittel dann dafür verwendet, um in einem Steuerdumping die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union unter Druck zu setzen, mit dem End­ergebnis, dass am Ende Unternehmenssteuern in Richtung null gehend herauskom­men und unter diesem Steuerdumping auch die öffentlichen Haushalte bei uns unter Druck kommen.

Meine Damen und Herren, die Solidarität in Europa kann keine Einbahnstraße sein! Wir stehen zur Unterstützung der neuen Mitgliedstaaten, aber wir lassen uns auch unseren Sozial- und Wohlfahrtsstaat durch Steuerdumping nicht zerstören! Und diese Botschaft muss auch einmal ankommen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, man braucht auch nicht in allen Bereichen eine gemeinsame Vorgangsweise zu erreichen. Man kann sich in manchen Fragen auch abschauen, wie es andere Staaten machen, und versuchen, es jenen gleich­zutun, die es besser machen. Man hat ja manchmal hier im Parlament den Eindruck, man ist bei einer Weihestunde: Wenn der Herr Bundeskanzler spricht, ist immer alles bestens. Da verbreitet sich der Weihrauch, da werden die Statistiken in eine gewisse Richtung gedreht.

Ich sage dazu: Wenn man wirklich Probleme lösen will, könnte man zum Beispiel sagen: Dass Estland bei den öffentlichen Investitionen an zweiter Stelle und beim Wirtschaftswachstum an dritter Stelle liegt, hat vielleicht etwas miteinander zu tun. Dass Luxemburg das Land mit der höchsten öffentlichen Investitionsrate ist und gleich-


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