Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 22

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möchten Sie auch darin bestärken, in dieser Position hart zu bleiben, gerade in diesen Tagen, die wir derzeit durchleben. Und deshalb ist es auch sinnvoll, dass wir heute im Nationalrat ein klares Signal in diese Richtung geben, vor allem an Sie, Herr Bun­deskanzler, an die Frau Außenminister, aber auch an Sie, Herr Staatssekretär Winkler, dass dieses Thema für den österreichischen Nationalrat ein wichtiges ist und dass es nicht umsonst gewesen sein kann, dass Sie in die Schlussfolgerungen zum Dokument über die Beitrittsverhandlungen mit der Republik Türkei wichtige Dinge hineinreklamiert haben, nämlich jene Passagen, die gerade für uns Österreicher sehr bedeutend sind. Es soll das Bewerberland, falls es nicht imstande sein sollte, den Verpflichtungen nachzukommen, mit einer anderen Bindung in die europäischen Strukturen einbezogen werden. Das heißt, eine klare Alternative zu einem Beitritt wird erwogen. Das steht in den Schlussfolgerungen vom Dezember vergangenen Jahres.

Ebenso steht dort, dass sich im Falle einer schwerwiegenden und anhaltenden Verlet­zung der Werte in einem Bewerberland, auf die sich die Union gründet, nämlich Freiheit, Demokratie, Wahrung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten sowie Rechtsstaatlichkeit, die Kommission dazu veranlasst sehen kann, die Verhandlungen auszusetzen.

Herr Bundeskanzler, was für den Verhandlungsablauf gelten soll, muss auch für den Beginn der Verhandlungen gelten können. Und wenn ein Bewerberland nicht die Kriterien, die die Europäische Union verlangt, erfüllt, dann ist es nur recht und billig, auch darauf zu bestehen, dass die Verhandlungen gar nicht beginnen. Deshalb möchte ich Sie ersuchen, Herr Bundeskanzler: Bleiben Sie auf europäischer Ebene in dieser Frage konsequent! Riskieren Sie ruhig, dass es keine Verhandlungen am kommenden Montag geben wird! Ich glaube, dass Sie hier der gesamten Europäischen Union einen Dienst erweisen könnten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Sburny: Was hat das mit Wachstum und Beschäftigung zu tun?)

Dass das Europäische Parlament gestern für den Beginn von Verhandlungen mit der Türkei gestimmt hat, meine Damen und Herren, ist bedauerlich, aber es ist uner­heblich. (Abg. Öllinger: Zum Thema!) Nicht unerheblich allerdings ist der Beschluss des Rates, nicht unerheblich ist der Beschluss über den Verhandlungsrahmen mit der Republik Türkei. Dieser Verhandlungsrahmen muss einstimmig beschlossen werden. Wenn Österreich in dieser Frage weiter konsequent bleibt, wird es diesen Verhand­lungsrahmen nicht geben, und es wird zu keinen Verhandlungen kommen. Und für den Fall, dass es dennoch zu Verhandlungen kommt, Herr Bundeskanzler, haben Sie angekündigt, darauf zu achten, dass es nur dann dazu kommen wird, wenn auch über eine zweite Variante der Beziehungen der EU zur Türkei klar verhandelt wird. Das muss das Ziel österreichischer Europapolitik in den nächsten Tagen sein. Herr Bundes­kanzler, wir Freiheitlichen unterstützen Sie darin und fordern Sie auf, auch da konse­quent zu bleiben.

Die europäische Zukunft, meine Damen und Herren, ist eine wichtige Sache. Sie ist auch die einzige Möglichkeit der Weiterentwicklung unseres Kontinents und auch der Weiterentwicklung unserer Republik. Wir Freiheitlichen haben das nie bestritten, wir Freiheitlichen haben das immer anerkannt und haben in diese Richtung gearbeitet. Wir sollten aber gerade in dieser wichtigen Frage den Menschen draußen beweisen, dass die Europäische Union nicht jener Einheitsstaat ist, der immer behauptet wird, sondern dass die Europäische Union selbstverständlich auch ein Europa der Vaterländer ist und dass es in der Abstimmung im Rat, der nach wie vor die entscheidende Ebene ist, auf die Einstimmigkeit in den wichtigsten Fragen ankommt – auch in dieser Frage.

Deshalb darf ich Sie ersuchen, Herr Bundeskanzler: Vertreten Sie gerade in dieser Frage weiterhin die Interessen Österreichs und Europas und bleiben Sie in der Frage


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