Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 23

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Verhandlungen der EU mit der Türkei über deren Beitritt konsequent auf Nein-Linie! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Auch seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


9.58.50

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Zunächst ein Wort des Bedauerns: Wir finden es natürlich sehr gut, dass es im Rahmen einer Geschäftsordnungsreform gelungen ist, diese Europatage im österreichischen Parla­ment zu etablieren, aber wir bedauern es sehr, dass es nicht möglich war, im Rahmen dieser Gespräche konsensual zu vereinbaren, dass die österreichischen Abgeordneten im Europäischen Parlament hier im Nationalrat auch ein Rederecht erhalten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das hätte, davon sind wir überzeugt, die Diskussion sehr belebt und hätte uns ein bisschen aus diesem immer gleichen, fast schon inzüchtigen Im-gleichen-Suppentopf-Brodeln erlöst. Das wäre eine große Be­reicherung gewesen. Vielleicht geht es ja noch.

Zweitens: Ein Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Parlamentsdirektion, die für jeden Punkt, der heute auf der Tagesordnung steht, ein Informationsdossier – so nennen sie das – erarbeitet haben, das ich für ungemein wertvoll halte und das unsere Arbeit sehr erleichtert. (Allgemeiner Beifall.)

Drittens: Ich habe jetzt die Absicht, über Wachstumspolitik in der Europäischen Union beziehungsweise in Österreich zu reden. Das ist schließlich das Thema, das die ÖVP vorgeschlagen hat. Deswegen war ich etwas überrascht über die sehr allgemein gehaltenen Reden meiner ÖVP-Vorgänger, aber insbesondere des Kollegen Bösch von der FPÖ. Herr Kollege! Man kann zur Türkei stehen, wie man will, aber für die Wachstumsstrategie Österreichs oder der Europäischen Union in den nächsten fünf Jahren ist es völlig irrelevant, ob die Verhandlungen jetzt begonnen werden oder später. Wichtig ist aus österreichischer Sicht und für die österreichischen Interessen, vor allem für die österreichischen Wirtschaftsinteressen, dass Bulgarien, Rumänien, Kroatien, also der gesamte Balkan, möglichst bald in die Europäische Union integriert werden. Das ist auch ein Teil von Wachstumspolitik, das würden wir sehr unterstützen. (Beifall bei den Grünen sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ und der ÖVP.)

Worum geht es denn heute? – Ich hätte gedacht, dass es darum geht, dass der so genannte Lissabon-Prozess nicht sehr erfolgreich verlaufen ist, sagen wir es einmal so. Der Europäische Rat setzt sich aus Ministerpräsidenten, Bundeskanzlern und so weiter zusammen. Wir reden immer nur von „Brüssel“ und der „EU“, aber in der Regel ist es die Kommission oder der Rat inklusive unseres österreichischen Bundeskanzlers, die irgendetwas beschließen oder eben nicht.

In diesem Fall haben sie beschlossen, den Mitgliedsländern der EU zu empfehlen, 24 so genannte Integrierte Leitlinien zur Wachstumspolitik in nationale Programme umzusetzen. Das halte ich im Prinzip für eine gute, wichtige und richtige Strategie, auch wenn es im Einzelnen dann ziemlich hapert – und darauf möchte ich zu sprechen kommen.

Die Schwierigkeit fängt damit an, dass die 24 Leitlinien keineswegs von jemandem geschrieben worden sind, der die Stichwörter „Bürgernähe“ und „schlichte Verständ­lichkeit“ schon einmal gehört hat. Und das ist zum Teil nicht ganz unwichtig. Zum Beispiel heißt die sechste makroökonomische Leitlinie: Beitrag zur Dynamik und zum Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion. – Zum Trost für alle, die vor dem


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