Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 24

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Fernseher oder hier auf den Zuschauertribünen sitzen: Selbst wenn Sie Volkswirtschaft studiert haben, wissen Sie nicht spontan, was damit gemeint sein könnte.

Die Bundesregierung hat sich im Entwurf des nationalen Reformprogramms zur Ver­wirklichung dieser Leitlinien entschlossen, diesen Punkt 6 der Leitlinie folgendermaßen zu interpretieren: Wir haben die Abfertigung-neu und die Harmonisierung der Pen­sionssysteme beschlossen. – Ich muss ehrlich gestehen, das ist so ungefähr das Vorletzte, worauf ich gekommen wäre, wenn ich überlegt hätte, was in Gottes Namen die Verbesserung der Dynamik und des Funktionierens der Wirtschafts- und Wäh­rungsunion bedeuten könnte. Ich hätte vielleicht an Wettbewerbsrichtlinien, Kartellver­hinderungen, Monopolkontrolle, also an solche Dinge gedacht, aber nicht an Abfer­tigung-neu.

Die Kommission wird jährlich die Verwirklichung dieser 24 Leitlinien der 25 Mitglied­staaten überprüfen, die werden also 25 mal 24 mehr oder weniger diffuse nationale Interpretationen dieser Leitlinien zu bewerten und zu evaluieren haben. Das ist eine schwierige Aufgabe (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ) und zeigt ein bisschen, wie schwer die europäische Politik, wie mühsam – ich sage jetzt nicht Straßenwalze – dieses Gefährt vorankommt.

Es gibt da also viel Interpretationsspielraum. Das ist manchmal gut, manchmal nicht so gut, aber seien wir nicht so streng, schauen wir uns an, was die Bundesregierung zur Erfüllung dieser 24 Leitlinien für Wachstum, für Beschäftigung, für den Arbeitsmarkt, für Arbeitsplätze vorgesehen hat. Ich nehme an, Herr Molterer, es ist noch immer „work in progress“, auch wenn das in 14 Tagen in Brüssel abzugeben ist. Viel Zeit ist nicht mehr! Sie werden verstehen, dass ich mich auf die Lücken dieser Leitlinien kon­zen­triere und nicht darauf, was ich ohnedies für richtig halte. – Ich fange von hinten an.

Herr Kollege Molterer, kommen wir zur Leitlinie 23: „Die Investitionen in Humankapital steigern und optimieren“. – Lassen wir auch da die sprachliche Komponente weg. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist sehr präzise!) Aber eines dürfte wohl klar sein: Human­kapital ist das, was wir hier oben in den Köpfen haben. Das wird im Kindergarten, in der Volksschule, im Gymnasium, in der Hauptschule, auf der Universität, von den Eltern, also im gesamten sozialen Umfeld geprägt, gefördert oder auch nicht gefördert. (Abg. Dr. Jarolim: Von Frau Gehrer zum Beispiel!)

In der Leitlinie 23 kommt das Stichwort „Schulreform“, „große Schulreform“, irgendeine Schulreform überhaupt nicht vor. Das ist unglaublich! Haben Sie nicht gelesen, was der Leiter der Zukunftskommission neuerdings über die bisherigen Schulreformen der Frau Gehrer sagt? (Abg. Dr. Brinek: Das ist ein Spezialproblem!) – Okay, Sie glauben dem von Frau Gehrer eingesetzten Leiter der Zukunftskommission nicht. Das nehme ich zur Kenntnis. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Brinek: Nein, nein, ich habe gesagt, das ist ein Spezialproblem!)

Frau Kollegin Brinek, es gibt auch andere Studien. Die OECD ist nicht die EU, das ist ein unverdächtiges Gremium. Dort sitzen lauter neoliberale Ökonomen, sagen wir es einmal so. Dort sitzen solche Leute wie ich, hätte ich fast gesagt. Auch von diesen Personen wird das österreichische Schulwesen kritisiert – es gibt die neueste Studie 2005 –, auch diese bestätigen, dass das österreichische Schulwesen relativ viel kostet und dafür bescheidenste Ergebnisse bringt. Bescheidenste Ergebnisse! Da muss etwas passieren! 18 000 Jugendliche jährlich können nicht anständig lesen, sie werden in Zukunft automatisch in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden.

Minister Bartenstein, der leider nicht hier ist, müsste der Erste sein, der täglich im Vorzimmer von Frau Gehrer sitzt und sagt: Bitte, liebe Frau Kollegin (Abg. Riepl: Liesl!), so geht das nicht weiter! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der


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