Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 26

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Er hat aber nicht die volle Wahrheit gesagt. (Abg. Dr. Jarolim: Nicht nur!) Wenn die skandinavischen Länder ein Vorbild sind, dann soll jemand von Ihnen, am besten Gusenbauer selbst, sagen: Die SPÖ möchte die Steuern erhöhen – denn die Skan­dinavier haben eine höhere Steuerquote. Die skandinavischen Länder haben ein ein­heitliches Pensionsalter für Männer und Frauen von 65 Jahren. Sagen Sie, dass Sie das Pensionsalter auf 65 Jahre für Männer und Frauen anheben wollen! Sagen Sie, dass Sie die Steuern erhöhen wollen! Das ist die volle Wahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist auch das Stichwort Türkei gefallen. Sagen Sie, dass Ihr Spitzenrepräsentant im Europäischen Parlament, Herr Swoboda, für einen Beitritt der Türkei gestimmt hat. (Rufe bei der ÖVP: Hört! Hört!) Sagen Sie die volle Wahrheit, meine Damen und Herren! So oberflächlich lassen wir mit uns nicht diskutieren. Steuererhöhungen wird es mit uns nicht geben! (Zwischenruf der Abg. Bures.) Auch eine Erhöhung des Pen­sionsantrittsalters auf 65 Jahre wird es mit uns nicht geben! Das geht nur mit einem langfristigen Etappenplan und nicht ad hoc. Das ist die volle Wahrheit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Kollege Van der Bellen, Sie haben Herrn Klubobmann Abgeordnetem Molterer gesagt: Belästigen Sie mich nicht mit einem Zwischenruf! – Ich kann verstehen, dass ein Professor es nicht gewohnt ist, dass ihn seine Studenten belästigen, aber im Parlament ist das üblich. (Abg. Dr. Van der Bellen: Das ist total üblich!)

Zum eigentlichen Thema: Ich bin sehr froh darüber, dass einige Vorredner bereits die Diskrepanz zwischen Skepsis in der Bevölkerung, was die europäische Entwicklung betrifft, und die Fakten und Daten angesprochen haben. Wenn wir uns die Daten und Fakten anschauen, meine Damen und Herren, dann stellen wir fest, dass Österreich heute, zehn Jahre nach dem EU-Beitritt, wesentlich besser dasteht als vorher.

Ich erwähne nur ein Beispiel aus dem Finanzbereich: Wir sagen immer, wir sind Nettozahler. Das ist buchhalterisch sicherlich richtig. Die Nettozahlung beträgt unge­fähr 400 Millionen €. Aber ökonomisch gesehen sind wir Nettogewinner. Warum? – Alle Wirtschaftsforscher sind sich darin einig, dass durch den EU-Beitritt das Wirtschafts­wachstum in Österreich jährlich um 0,4 Prozent höher ist. Über zehn Jahre gesehen heißt das: 10 Milliarden mehr Bruttosozialprodukt. 10 Milliarden bei unserer Steuer­quote in der Höhe von 40 Prozent bedeuten, dass wir 4 Milliarden € jährlich mehr lukrieren und 400 Millionen als Nettozahler einzahlen.

Das heißt, buchhalterisch sind wir sehr wohl Nettozahler, ökonomisch aber ein unglaublicher Nettogewinner, weil der Gewinn zehn Mal so hoch ist als das, was wir als Nettozahler einzahlen. Gott sei Dank sind wir Mitglied der Europäischen Union! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Unser Klubobmann hat auf den Wohlstandsgewinn hingewiesen, auf den Vergleich mit der Schweiz. Vor zehn Jahren hat die Schweiz pro Kopf ein um 4 000 € höheres Bruttosozialprodukt gehabt. Derzeit sind es 1 000 €. In zwei, drei Jahren wird es völlig gleich sein. Das sind ökonomische Vorteile. Das sollen wir diskutieren, wenn wir über Wachstum, Beschäftigung und Arbeitsplätze reden. (Zwischenruf des Abg. Riepl.) Das ist unser Thema, Herr Kollege Riepl!

Dass wir zu viele Arbeitslose haben, ist unbestritten. Aber Sie wissen auf Grund der gestrigen Diskussion genau, dass wir wesentlich besser dastehen als viele andere europäische Länder. Das heißt aber nicht, dass uns das zufrieden macht. Deshalb haben wir gestern wieder ein neues Beschäftigungspaket beschlossen.

Diese Regierung beschließt immer wieder konsequent Maßnahmen im Sinne von Wachstum und Beschäftigung (Ruf bei der SPÖ: Zu spät!), also genau im Sinne


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