Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 29

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liche Entlastung in der Geschichte der Zweiten Republik umgesetzt haben, die jetzt in Kraft getreten ist. Wir haben drei Konjunkturbelebungspakete gemacht, um gegen den europäischen Trend zu versuchen, die Österreicherinnen und Österreicher zu entlasten und auch den Standort Österreich innerhalb der Europäischen Union attraktiv zu machen. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aber selbstverständlich können wir uns – und das sollte heute eigentlich hier das Thema sein – nicht von der internationalen Entwicklung abkoppeln. Wir haben Inter­esse daran, dass es endlich die Ziele nicht nur auf dem Papier gibt, sondern auch als Realisierung einer gemeinsamen europäischen Wirtschaftspolitik, um in einer globalisierten Welt einen Gegenpol zum Markt in Asien und einen Gegenpol zum Markt in den Vereinigten Staaten zu schaffen. Wir haben Interesse daran, dass wir in einem starken geeinten Europa auch die gemeinsamen Ziele von Wachstum und Beschäfti­gung realisieren können.

Genau da muss meiner Auffassung nach auch die Kritik ansetzen, wenn wir Lissabon-Ziele diskutieren. Das alles läuft immer sehr theoretisch ab. Es wird lange verhandelt, dann werden Überschriften definiert und danach wird ein „schöner“ Beschluss gefasst. Doch dann passiert lange Zeit nichts. Irgendwann einmal wird dann evaluiert; auch so ein berühmt-berüchtigtes Wort. Dabei kommt man drauf, dass eigentlich nichts umgesetzt worden ist. Dann werden die Ziele wieder heruntergeschraubt, und es wird halt weitergemacht, aber es wird nicht wirklich etwas umgesetzt.

So haben wir es ja bei den Lissabon-Zielen auch vor uns liegen: Es gab einen Zwischenbericht, bei welchem man gesehen hat beziehungsweise in welchem fest­gehalten worden ist, dass der politische Wille nicht vorhanden ist, diese Ziele gemeinsam zu erreichen, sondern dass ganz einfach in diesem Bereich, wie in anderen auch, die nationalen Interessen vor das Gemeinsame gestellt werden und dass die Summe der Einzelinteressen auch in diesem Fall leider weniger ist, als wenn man da das Gesamte in den Vordergrund gestellt hätte. Das einzig konkrete Ergebnis ist, dass es 300 Berichte über die einzelnen nationalen Aktionen gibt, aber wenig als Ergebnis.

Die Realität ist, dass das Wachstum, das wir uns für Europa und vor allem auch für Österreich erhoffen würden, woanders eintritt, etwa in Asien, auf den asiatischen Märkten, und zwar in vielfacher Hinsicht. Dort gibt es nicht mehr die Rohstoff­lieferan­tenidee oder die Idee, dass man irgendwelche Technologien kopiert, sondern dort werden, ganz im Gegenteil, mittlerweile auch schon qualifizierte Arbeitskräfte und Füh­rungskräfte ausgebildet. Dort sind die entsprechenden Märkte im Entstehen. Dort wird auch in Forschung und Entwicklung investiert. Aber man ist dort – und das ist das Negative – völlig oder ziemlich frei von irgendwelchen Auflagen, Richtlinien und vor allem von Umweltmaßnahmen, Umweltvorschriften und auch von Beschäftigungs­vorschriften. Die Dinge, die dort unter Missachtung aller Grundsätze, die wir in Europa bei der Produktion haben, in Kinderarbeit unter starker Umweltbelastung produziert werden, werden dann billig bei uns importiert und gefährden die Arbeitsmärkte in Europa. Da braucht es einen gemeinsamen politischen Willen, dieses Ziel zu definieren und dann auch umzusetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber das ist eben das Problem in der Europäischen Union, mit dem wir uns auseinan­der zu setzen haben, dass eben dieser politische Wille fehlt. Er fehlt auch in anderen Bereichen, etwa im Bereich der Gemeinsamen Außenpolitik oder im Bereich der Ge­meinsamen Sicherheitspolitik. Nicht die Frage, wie man die Probleme der „Dekolleté-Geschichte“ löst, ist wichtig oder die Frage, ob Österreich die Probleme der Studenten in Deutschland mit 80 Millionen Einwohnern lösen können muss, sondern die wichtigen


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